Im Jahr 2007 wurde in Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirchengemeinde Mössingen in unmittelbarer Nähe des Kindergartens, in dessen Sandkasten Colletes hederae 2006 entdeckt wurde, ein sandiger Nistplatz angelegt. Wir hatten die Hoffnung, daß dieser Nistplatz von Colletes hederae gefunden und besiedelt wird. Zwar konnte ich 2007 ein Weibchen beim Graben eines Ganges und beim Polleneintragen beobachten, doch war dieser Brutversuch offensichtlich erfolglos, denn 2008 wurde kein einziges nistendes Weibchen gesichtet. Der September des Jahres 2008 war kühl und regnerisch und hat Nistaktivitäten nicht gerade befördert. Deshalb war auch zu befürchten, daß der Bestand der Efeu-Seidenbiene im Kindergarten-Areal unter der bienenunfreundlichen Witterung leiden und zurückgehen würde. Hinzu kam 2009 der überraschende, unangekündigte, vollständige Austausch des Sandes in dem Sandkasten durch die Stadt Mössingen während der Sommerferien, wodurch zahlreiche, in der Tiefe angelegte Brutzellen zerstört wurden. Beide Ereignisse führten dazu, daß in diesem Jahr nur noch etwa 30 Weibchen in dem Rasen, der an den Sandkasten angrenzt, nisten. 2006 hatte ich dort rund 100 Nester gezählt.
Heute verbrachte ich in den frühen Nachmittagsstunden bei sonnigem Wetter und einer Lufttemperatur von ca. 23 °C längere Zeit an dem neuen Nistplatz, da mir einige Nesteingänge mit herausgeschafftem Sand aufgefallen waren (siehe obiges Foto, Mitte). Meine Hoffnung, daß es sich um frische Nester von Colletes hederae handelt, fand ich zu meiner großen Freude bald bestätigt, denn ich sah im Laufe meiner »Sitzung« sowohl grabende als auch Pollen eintragende Weibchen und konnte insgesamt 8 Nester finden. Jetzt muß nur noch möglichst lange trockenes und einigermaßen sonniges Wetter herrschen, damit die Weibchen genügend Brutzellen anlegen und versorgen können. Wenn dies der Fall ist, dann dürfte 2010 an dem neubesiedelten Nistplatz die Nachkommenschaft der Gründerweibchen schlüpfen. Aufgrund der großen Ortstreue der Efeu-Seidenbiene zu ihrem »Geburtsort« dürfte die neue Weibchen-Generation den Nistplatz erneut nutzen. Auf diese Weise könnte sich im Laufe der kommenden Jahre eine individuenreichere Population entwickeln. Hoffen wir, daß sich dies auch bewahrheitet. Ich werde zu gegebener Zeit darüber berichten.
Eines der heute beobachteten Weibchen der Efeu-Seidenbiene, das um 15:08 h von seinem Sammelflug zurückgekehrt ist, um die im Sand liegende Brutzelle mit dem typischen hellgelben Efeu-Pollen zu verproviantieren.
Was jetzt wichtig ist: Der Nistplatz darf in den kommenden drei bis vier Wochen nicht betreten werden, damit die sogenannten Landmarken (Pflanzen, Steinchen, Sandhäufchen) nicht verändert werden. An ihnen orientieren sich die Weibchen durch ihr »fotografisches« Gedächtnis. Durch Veränderungen der Nestumgebung würden die Weibchen nicht mehr zu ihrem eigenen Nest zurückfinden.
Zwei Jahre hat es gedauert, bis der neugeschaffene Nistplatz
besiedelt wurde. Was lernen wir daraus?
– Schutzmaßnahmen für die Efeu-Seidenbiene im Siedlungsbereich
sind möglich.
– Sie brauchen
Zeit und wir müssen die nötige Geduld aufbringen.
Auch in diesem Jahr bekam ich wieder Meldungen über Efeu-Seidenbienen in Sandkästen von Kindergärten und in städtischen Parkrasen, so z.B. aus Freiburg i.Br. Um die Bevölkerung zu beruhigen und auf die Harmlosigkeit des Auftretens von Hunderten, an den Nistplätzen schwärmenden Seidenbienen-Männchen hinzuweisen, erschien in der Badischen Zeitung am 14. September ein Beitrag mit der Überschrift »Harmlose Wildbiene verschreckt besorgte Eltern«. Die Biologin Hella Heuer-Klug berät beunruhigte Bürger und sammelt Daten zur aktuellen Besiedlung in Freiburg.
Mit einem Baustellenband eingezäunter Nistplatz von Colletes hederae im Mössinger Kindergarten am 7. September 2009. Der Sandkasten ist gegen zu starke Sonneneinstrahlung geschützt. Weil der Sand ausgetauscht wurde und sich wegen seiner Grobkörnigkeit nicht mehr zum Nisten eignet, nisten die Efeu-Seidenbienen jetzt unmittelbar neben dem Sandkasten im Rasen. Die Kinder respektieren die Abgrenzung und die Nester werden nicht durch Betreten beeinträchtigt.
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