Blühendes männliches Exemplar der Rotfrüchtigen Zaunrübe am Parkhaus König in Tübingen (25. Juni 2019).
Im vergangenen Jahr wurden in Tübingen am Parkhaus König die Ranken eines männlichen Exemplars der Zweihäusigen oder Rotfrüchtigen Zaunrübe (Bryonia dioica), die über einen Mittelmeer-Feuerdorn (Pyracantha spec.) gewachsen waren und deren Blüten von der Zaunrüben-Sandbiene (Andrena florea) rege besucht wurden, im Rahmen einer Grünpflegemaßnahme beseitigt. Damit verlor die Teilpopulation der Sandbiene an dieser Stelle eine wichtige Futterquelle. Damit dies 2019 nicht wieder geschieht, habe ich mich an die Stadtwerke Tübingen gewandt, die mir versicherten, bei der weiteren Grünpflege die Zaunrübe zu schonen. Diese Zusicherung wurde erfreulicherweise eingehalten. Die Zaunrübe hat sich 2019 sehr gut entwickelt und wurde von Andrena florea in beiden Geschlechtern sehr gut besucht.
Ich kam auf die Idee, mit Hilfe der Tübinger Lokalzeitung (Schwäbisches Tagblatt) eine Umfrage zu starten, um zu erfahren, wo die Zaunrübe überall vorkommt und wo auch die Sandbiene zu beobachten war. Nachfolgend wird über das Ergebnis berichtet.
Insgesamt erhielt ich 165 E-Mails und telefonische Meldungen mit Fundorten von männlichen oder weiblichen Zaunrüben. Oft waren den Meldungen Fotos der festgestellten Exemplare beigefügt, teilweise war auf den Blüten auch Andrena florea zu erkennen.
Mit dem folgenden Link Vorkommen-im-Kreis-Tübingen können Sie die Erfassungspunkte im Kreis Tübingen über die Software Google Earth laden und fundortbezogen und detalliert anschauen. Speichern Sie die Datei und starten Sie sie. Wenn Sie Google Earth bereits installiert haben, wird diese Software mit einem Doppelklick auf die kmz-Datei gestartet und auf die gespeicherten Punkte gezoomt. Setzen Sie im Menü unter »Ansicht, Zurücksetzen« die Neigung zurück. Die Karte zeigt insgesamt 139 Standorte, auf denen mehr als 150 Exemplare wachsen.
Zwei Befunde möchte ich speziell hervorheben: Die Zahl der männlichen Exemplare der Zaunrübe in den Meldungen überwog die der weiblichen. Im Gegensatz dazu haben Frauen bei weitem mehr Fundorte gemeldet als Männer.
Einige haben mir mitgeteilt, sie hätten bislang die Ranken als störend empfunden und beseitigt. In Zukunft würden sie die Ranken nicht mehr beseitigen, was ein erfreulicher Erfolg der Aktion ist. Wichtig ist das Belassen der blühenden Ranken. Wenn nach der Blütezeit die Ranken zu welken beginnen, können sie über dem Boden abgeschnitten werden. Aus der rübenartigen Wurzel treiben die Ranken im nächsten Jahr wieder aus.
Als Ergebnis, das am 4. Juli 2019 im Tagblatt veröffentlicht wurde, können wir festhalten: sowohl die Zweihäusige Zaunrübe als auch die darauf spezialisierte Zaunrüben-Sandbiene sind in der Region weit verbreitet, nicht selten und aktuell ungefährdet.
Das folgende Video (17 sec, 8 MB) zeigt das Pollensammeln von Andrena florea an den Blüten eines männlichen Exemplars der Zweihäusigen Zaunrübe (Bryonia dioica) in Tübingen. Deutlich sichtbar ist der sonnengelbe Pollen in den Transporteinrichtungen. Das Video kann auch im Vollbildmodus abgespielt werden.
Männliches Exemplar der Zweihäusigen Zaunrübe (Bryonia dioica) (rechts unten zwei weibliche, im Vergleich zu den männlichen deutlich kleinere Blüten).
Die Früchte der Zweihäusigen Zaunrübe (Bryonia dioica), die nur an den weiblichen Pflanzen entstehen, sind kugelige, im Durchmesser 6–7 mm große Beeren, die zuerst grün sind und später scharlachrot werden. Aufnahmedatum: 1. September 2019.
Dank: Allen, die mir Vorkommen gemeldet haben, sei sehr herzlich gedankt. Herrn Mario Beisswenger danke ich für die gute Zusammenarbeit, dem Schwäbischen Tagblatt für die Veröffentlichung des Aufrufs und des Endergebnisses.
Als ich am 30. Oktober 2019 zum Parkhaus König in Tübingen kam, dessen Zaunrüben-Exemplar der Auslöser der hier behandelten Studie war (siehe oben), war ich sprachlos, weil an der mir gut bekannten Stelle statt des Mittelmeer-Feuerdorns mit der daneben wurzelnden Zaunrübe ein riesiges Schild zu sehen war, das auf eine größere Baumaßnahme der Universität Tübingen hinweist. Die Stadtwerke Tübingen, die über die ganze Zaunrüben-Aktion ja Bescheid wußten, haben mich über diese Baumaßnahme nicht informiert. Laut eigener Aussage hätten sie nicht mit so einem großen Schild gerechnet. Hätte man mich über das Bauvorhaben informiert, hätte ich die Zaunrübe mit wenigen Spatenstichen ausgraben und an eine geeignete Stelle verpflanzen können.
Blick von Südosten auf das Parkhaus König mit dem neuen Riesenschild (30. Oktober 2019).
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