Bei dem herrlichen Spätsommerwetter des heutigen Tages mit Lufttemperaturen von 20- 23 °C war zu erwarten, daß an dem Nistplatz in Mössingen rege Aktivität herrschen würde. Daher habe ich heute um die Mittagszeit eine erneute Kontrolle durchgeführt. Immer noch schwärmten über 50 Männchen über dem alten Nistplatz, eine Paarung konnte ich heute allerdings nicht mehr feststellen. Die beiden letzten Paarungen habe ich vor 2 Tagen gesehen.
Schon am 14. September hatte ich mehrere Weibchen beobachet, die von ihrem Sammelflug mit Pollen zum Nest kamen. Heute waren es mindestens 30 Weibchen, die ihre ersten Brutzellen am Rande des Sandkasten verproviantierten. Wie im vergangenen Jahr habe ich von einigen Tieren Pollenproben entnommen, um zu analysieren, von welcher Pflanze (Efeu?) der Pollen stammt. Die bisherigen Pollenanalysen sind wissenschaftlich sehr bemerkenswert, mehr möchte ich an dieser Stelle noch nicht verraten.
Damit die Kinder den größten Teil ihres Sandkastens trotz der Seidenbienen weiter nutzen können, habe ich den Nistplatz im Übergangsbereich zum Rasen mit einem rotweißen Plastikband abgegrenzt. Bereits in den vergangenen Tagen war eine friedliche Koexistenz zwischen den Kindern und den Seidenbienen festzustellen. Viele Nesteingänge liegen dort, wo die Vegetation aus Gräsern und Weißklee nicht sehr dicht ist. Auf dem linken Foto ist dies der Bereich im Vordergrund.
Um 13.45 h entdeckte ich am neu geschaffenen Nistplatz ein Weibchen, das immer wieder Nestgänge der Knotenwespe Cerceris rybyensis und Gänge, die ich geschaffen hatte, inspizierte und auf ihre Eignung für die Nestanlage prüfte. Auf dem linken Foto verläßt das Weibchen soeben einen inspizierten Gang. Bereits vorhandene Gänge sind eine wertvolle Ressource und können viele Stunden Grabarbeit ersparen. Die dunklen Eingänge üben eine hohe Anziehungskraft auf Weibchen aus, die auf Nistplatzsuche sind. Nach 15 Minuten begann das gleiche Tier zunächst dort zu graben, wo der Sand von einer senkrechten Betonmauer begrenzt wird (rechtes Bild). Doch bald merkte es, daß das Substrat zu hart ist und gab auf. Das Loch links neben der Biene ist übrigens der Nesteingang der Knotengrabwespe, von der hier mehrere Weibchen nisten und heute wieder kleine Wildbienen als Beutetiere eingetragen haben.
Um 14.15 h schlüpfte das Weibchen ca. 20 cm neben dem vorher »getesteten« Ort in einen Tunnel, den ich am 12. September mit einem runden Holzstück geschaffen hatte. Nach etwa 10 Minuten sah ich, wie das Weibchen die erste Sandladung rückwärts aus dem Tunnel schob. Als ich den Nistplatz nach einer weiteren halben Stunde verließ, war das Weibchen immer noch am Arbeiten. Dieses Verhalten läßt darauf schließen, daß die Seidenbiene mit dem Bau der ersten Brutzelle am Ende des Tunnels begonnen hat.
Somit hat offensichtlich das erste Weibchen den neuen Nistplatz angenommen. Ob diese Besiedlung von Erfolg gekrönt ist, wird zunächst daran festzustellen sein, ob das Weibchen in den nächsten Tagen die Brutzellen mit Pollen verproviantiert. Letzte Gewissheit besteht natürlich erst dann, wenn aus den jetzt angelegten Zellen im kommenden Jahr die nächste Seidenbienengeneration schlüpft und erneut den neuen Nistplatz nutzt. Ich bin sehr gespannt, ob sich zu dem ersten Weibchen noch weitere hinzu gesellen werden und ebenfalls mit dem Nestbau beginnen.
Das oben beschriebene Weibchen hat um 12.30 h am neuen Nistplatz Pollen eingetragen. Damit hat die Versorgung der ersten Brutzelle begonnen.
Am alten Nistplatz sind heute erneut Weibchen geschlüpft, so daß weitere Paarungen zu beobachten waren. In einem Fall hat sich das Weibchen mit dem Männchen in die Luft erhoben und ist in Kopula davon geflogen.
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