Im Frühjahr hatte ich bei der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg beantragt, begrünte Flachdächer von Gebäuden der Universität Tübingen auf der Morgenstelle begehen und auf die Anwesenheit von Wildbienen kontrollieren zu dürfen. Freundlicherweise wurde mir die Genehmigung unter bestimmten Auflagen erteilt. Am 12. Juni war ich erstmals auf den Flachdächern des großen Hörsaalgebäudes, die vor rund 30 Jahren begrünt wurden; eine weitere Begehung erfolgte am 17. Juni. Heute nun bekam ich die Gelegenheit, auch das Dach eines erst vor wenigen Jahren errichteten Gebäudes (H-Bau) aufzusuchen, das erst vor etwa vier Jahren begrünt wurde. Meine fotografischen Eindrücke und die Bienenarten, die ich während der drei Besuche beobachtet habe, möchte ich nachfolgend präsentieren.
Flachdach des H-Gebäudes mit Blick nach Südosten (26. Juni). Es blühen Scharfer Mauerpfeffer (Sedum acre) (gelb) und Heide-Nelke (Dianthus deltoides) (rot).
Weitere Eindrücke von den besuchten Flachdächern liefert folgende Galerie:
Da das Substrat der Flachdächer überwiegend aus Lava und am Rande aus einem Kiesstreifen bestand, ist es für bodennistende Bienenarten völlig ungeeignet. Die zum Zeitpunkt der Begehungen reichblühenden Pflanzen ließen jedoch einige Bienenarten als Blütenbesucher erwarten, abhängig von deren Attraktivität und Nutzbarkeit als Nektar- und/oder Pollenquelle. Daher sollten auch bodennistende Arten anzutreffen sein.
Links: Ein Männchen von Anthidium oblongatum (Spalten-Wollbiene) sonnt sich auf einem Kiesel des Flachdachs. Rechts: Ein Weibchen von Megachile rotundata (Luzerne-Blattschneiderbiene) verköstigt sich mit Nektar am Scharfen Mauerpfeffer (Sedum acre).
Zu meiner großen Überraschung entdeckte ich auf dem Flachdach ein Männchen der Kegelbienenart Coelioxys echinata. Dies ist der erste Nachweis im Naturraum »Schönbuch und Glemswald«, den ich seit 35 Jahren durchforsche. Den Wirt dieser Kuckucksbiene, Megachile rotundata, hatte ich nur wenige Minuten vorher fotografiert. Daher muß die Wirtsbiene bereits 2008 im Umfeld des Flachdachs genistet haben.
Im Verlauf meiner drei Begehungen konnte ich insgesamt 13 Bienenarten nachweisen, die nachfolgend aufgelistet sind. Die Halictus- und Lasioglossum-Arten nisten in selbstgegrabenen Hohlräumen im Boden und sind mir aus dem nahegelegenen Botanischen Garten bekannt. Trotz ihrer teils geringen Größe sind sie in der Lage, auf die Flachdächer zu fliegen.
Mit Ausnahme dreier Hummelarten (Bombus humilis, B. lucorum, B. pascuorum) sind alle anderen nachgewiesenen Arten in der folgenden Bildergalerie enthalten.
Die hier mitgeteilten Beobachtungen bestätigen frühere Untersuchungen, daß begrünte Flachdächer im Siedlungsbereich von einigen Wildbienenarten als Nahrungsraum genutzt werden. Das Angebot an Pflanzenarten ist allerdings aufgrund der extremen Standortverhältnisse begrenzt. Auch wenn zu gewissen Zeiten (Juni, Juli) das Blütenangebot für einige, meist häufige Arten attraktiv ist und ein begrüntes immer besser ist als ein reines Kiesdach, so sind begrünte Flachdächer kein Ersatz für Trockenrasen oder Magerwiesen!
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