Im Rahmen der Bearbeitung der Wildbienenfauna eines Rebhanges am Rande des Kraichgaus bei Weingarten (Baden) fielen mir am Wegrand einige Exemplare des Eisenkrauts (Verbena officinalis) auf, die von kleinen Bienen besucht wurden. Beim näheren Hinsehen stellte ich fest, daß es sich um Männchen und Weibchen der Schwarzglänzenden Keulhornbiene (Ceratina cucurbitina) handelte, die ich bislang an dieser Pflanze nicht beobachtet hatte.
Das Eisenkraut gehört zur Familie der Eisenkrautgewächse (Verbenaceae), die vorwiegend in den Tropen mit ca. 75 Gattungen und über 3000 Arten verbreitet ist. Wild kommt in Mitteleuropa nur die Gattung Verbena vor. Zur Familie gehören aber auch Zierpflanzen wie z.B. die Bartblume (Caryopteris x clandonensis) und das Wandelröschen (Lantana camara).
Das einjährige bis ausdauernde, bei uns häufige Eisenkraut (Verbena officinalis) wächst vorwiegend an Ruderalstellen, an Wegrändern, auf Mauern und in Trittgesellschaften. Seine blaßvioletten Blütchen (oben) stehen in kleinen, vielblütigen, rispig angeordneten, langen Ähren und haben eine 3–4 mm lange Kronröhre. Es blüht von Juli bis September.
Das 5–6 mm große Männchen von Ceratina cucurbitina ist an dem unten seitwärts erweiterten, weißen Fleck auf dem Kopfschild zu erkennen. An den Hinterbeinen fehlen ihm auch die Transporthaare für den Pollen, da es sich ja nicht an der Brutversorgung beteiligt. Ansonsten ist es wie das Weibchen überwiegend schwarz gefärbt und stark glänzend. Das obige Männchen entstammt offensichtlich bereits einem diesjährigen Nest. – [Großansicht: Auf ein Bild klicken.]
Weibchen beim Blütenbesuch an Verbena officinalis. – [Großansicht: Auf ein Bild klicken.]
Das von mir verfaßte Grundlagenwerk »Die Wildbienen Baden-Württemberg« enthält keine Angaben darüber, ob Wildbienen Verbena officinalis als Pollenquelle nutzen. Tatsächlich hatte ich bislang nur die Honigbiene mehr oder weniger regelmäßig beim Pollensammeln beobachtet. Sie wurde aber als außerordentlich flexible Bienenart im Kapitel »Bienen und Blüten« nicht weiter berücksichtigt.
Knuth (1899) zitiert in seinem »Handbuch der Blütenbiologie« die Beobachtungen einiger Entomologen, er führt aber überwiegend Bienenarten an, die die Blüten des Eisenkrauts lediglich des Nektars wegen besuchten, wenn überhaupt eine Angabe zum Zweck des Blütenbesuchs vermerkt ist. In der Liste findet sich auch Ceratina cucurbitina in beiden Geschlechtern. Nur eine Art, nämlich Halictus subauratus (dort unter dem Namen Halictus virescens), wird auch als Pollensammler ohne nährere Angaben angeführt.
Somit sind die hier präsentierten Fotos zumindest hinsichtlich meiner eigenen Beobachtungen die ersten Belege für das Pollensammeln einer Wildbienenart, hier Ceratina cucurbitina, an dieser Pflanze. Möglicherweise lassen sich durch zusätzliche Beobachtungen noch weitere Arten als Pollensammler nachweisen. Eine Bestätigung für diese Vermutung konnte ich an der hier behandelten Lokalität bereits erhalten, da ich wenig später auch ein Weibchen der nächstverwandten Ceratina cyanea bei der Pollenernte feststellen konnte, leider aber hiervon keinen Fotobeleg habe.
Die obigen Beobachtungen machte ich in der Zeit von 11.00h bis 12.30h. Diese Zeit fällt in die Endphase der Pollendarbietung von Verbena officinalis, orientiert man sich an Kleber (in Kugler 1970: 70), nach dem die Pollenpräsentation von 7.00 bis 11.30 Uhr, spärlich auch noch bis 14 Uhr erfolgt. Blütenbesuchsbeobachtungen am Eisenkraut sollte man daher vorzugsweise in den Morgenstunden machen.
Bisherige von mir nachgewiesene Pollenquellen von Ceratina cucurbitina waren Vertreter der Pflanzenfamilien Boraginaceae (Rauhblattgewächse), Campanulaceae (Glockenblumengewächse), Fabaceae (Schmetterlingsblütler) und Rosaceae (Rosengewächse). Ceratina cucurbitina ist somit eine polylektische Art und hinsichtlich der von ihr genutzten Pollenquellen anpassungsfähig. Dies belegt auch der heutige Befund an Verbena officinalis, womit nun Vertreter von fünf Pflanzenfamilien als Pollenlieferanten belegt sind.
Die Weibchen nisten in markhaltigen, dürren Pflanzenstengeln, die sie vor der Anlage der ersten Brutzelle aushöhlen. Die Zellzwischenwände werden aus Markpartikeln gebaut. Aus Brutzellen, die von Mai bis Juli angelegt wurden, schlüpfen im August und September Männchen wie Weibchen, die zwar ihre Geburtsnester verlassen, sich aber nicht paaren. Beide Geschlechter beziehen vor Eintritt des Winters hohle Brombeer- und andere markhaltige Stengel und Zweige als Winterquartier. Im folgenden Mai oder Juni verlassen die beiden Geschlechter ihre Überwinterungsstätte und paaren sich. Sie ähneln in diesem Punkt sehr den Holzbienen (Xylocopa). (Auf dieser Seite sind beide Geschlechter während der Paarung zu sehen.)
Literaturhinweis:
Kugler, H. (1970): Blütenökologie. 345 S.; Stuttgart (G. Fischer).
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