Weitere bemerkenswerte Befunde, die mir seit dem Erscheinen der 2., aktualisierten Auflage von »Die Wildbienen Deutschlands« (September 2019) bekannt wurden, sind nachfolgend wiedergegeben und erläutert.
Reder, G. (2021): Weiterer Nachweis von Anthidium florentinum (Fabricius) in Deutschland (Hymenoptera: Megachilidae). – Mitteilungen des Entomologischen Vereins Stuttgart 56 (1/2): 61–64. Stuttgart.
Nachdem Schwenninger (2008) in Heilbronn (Baden-Württemberg) und Reder (2018) in Flörsheim-Dalsheim (Rheinland-Pfalz) über erste Nachweise der Art berichtet hatten, hat Gerd Reder im Spätsommer 2021 im Luisenpark in Mannheim (Baden-Württemberg) ein Weibchen von Anthidium florentinum (Fabricius, 1775) nachgewiesen. Die Publikation zeigt alle drei Funde auf einer Karte mit den südlichen Bundesländern. Laut Reder hat das Weibchen von Mannheim in seiner Bauchbürste und in der Stirnbehaarung eine »ansehnliche Menge« von Pollen, dessen Herkunft aber bislang nicht bekannt ist. Diese Tatsache kann als Beleg dafür gewertet werden, daß das Weibchen eine Brutzelle verproviantiert hat. Die Art wird daher in die Liste der Bienenfauna Deutschlands aufgenommen.
Im Feld sind Anthidium florentinum und Anthidium manicatum nicht zu unterscheiden, wenn man sich nur auf die gelb-schwarze Färbung stützt. Bei Männchen und Weibchen unterscheidet sich jedoch die Morphologie des Hinterleibsendes, das man gegebenenfalls nach einem Fang genauer betrachten kann. Dies macht es wahrscheinlich, daß es neben den gemeldeten noch weitere Vorkommen in Deutschland gibt, die aufgrund des schwereren Erkennens bislang unentdeckt blieben.
Die Aufnahme in die Faunenliste hat mich ermuntert, einen Steckbrief von Anthidium florentinum zu erstellen.
Hopfenmüller, S., Hoiß, B., Neumayer, J. & Schwenninger, H. (2021): Zweitnachweis von Anthophora crinipes Smith, 1854 für Deutschland (Hymenoptera, Anthophila). – Nachrichtenblatt der Bayrischen Entomologen 70 (3/4): 128–131.
Zwar gab es im vergangenen Jahrhundert zwei Meldungen über angebliche Funde bei Berlin und Bad Kreuth (Bayern), doch war kein Belegtier von Anthophora crinipes auffindbar. Aufgrund des Zweifels an einer früheren oder aktuellen Bodenständigkeit der Art in Deutschland wurde auf eine Aufnahme in die Faunenliste verzichtet. (Westrich 2019). Im Mai 2019 konnte die Art jedoch in einem Weibchen an den Donauleiten bei Jochenstein im Landkreis Passau (Bayern) festgestellt werden. Im Juni 2021 konnten weitere Weibchen in Laufen an der Salzach (Bayern) nachgewiesen werden. Somit dürfte die Art in Deutschland bodenständig geworden sein und wird daher in die Liste der Bienenfauna Deutschlands aufgenommen.
Der Nachweis von Jochenstein ist auch in einer Publikation über Stechimmen im Landkreis Passau aufgeführt.
Anthophora crinipes fliegt in Mitteleuropa in einer Generation von Mai bis Juni, in Südeuropa in zwei Generationen. Die Art ist polylektisch und nutzt vor allem Boraginaceae (Boretschgewächse), Lamiaceae (Lippenblütler) und Asteraceae (Korbblütler) als Pollenquellen. Die Männchen ähneln denen von Anthophora plumipes sehr, die Weibchen ähneln Anthophora crassipes und Anthophora quadrimaculata.
Anthophora crinipes, Männchen beim Blütenbesuch an Anchusa officinalis (Gewöhnliche Ochsenzunge). (A, Rohrendorf bei Krems, 2. Mai 2007).
Anthophora crinipes, Weibchen bei der Pollenernte an Anchusa officinalis (Gewöhnliche Ochsenzunge). (A, Rohrendorf bei Krems, 2. Mai 2007).
Dathe, H. H. (2022): Contributions to a revision of the Hylaeus brevicornis group (Hymenoptera, Anthophila, Colletidae). – Contributions to Entomology 72(1): 37–66.
Die Hylaeus-brevicornis-Gruppe der Untergattung Dentigera wird definiert und revidiert. Insgesamt wurden 22 Arten in die Gruppe aufgenommen; sie werden anhand morphologischer Merkmale untersucht und definiert; dazu wird ihre Verbreitung angegeben. Aus dem Libanon und Nepal werden drei Arten als neu für die Wissenschaft beschrieben. Die bisher unbekannten Weibchen von Hylaeus (Dentigera) alievi Dathe & Proshchalykin, 2021 und Hylaeus (Dentigera) biarmicus (Warncke, 1992) werden erstmals vorgestellt. Damit wird die Gruppe auch für eine integrative Revision mit genetischer Sequenzierung vorbereitet.
Schmid-Egger, C., Möller, J. & Meyer, P. (2022): Thyreus truncatus (Pérez, 1883) (Hymenoptera, Apiformes) neu für Deutschland sowie Hinweise zum Wirt. – Ampulex 13: 10–14.
Die Fleckenbienenart Thyreus truncatus wurde im östlichen Brandenburg erstmals in Deutschland nachgewiesen. Außerdem werden neue Funde dieser Art aus Wien gemeldet. An beiden Fundstellen flog als einzige in Frage kommende Wirtsart die Langhornbienenart Eucera dentata, die daher als Wirtsart vermutet wird, eine bislang nicht bekannte Wirt-Parasit-Beziehung. Die Autoren vermuten, daß die Zuwanderung der Kuckucksbiene durch den Klimawandel und die dadurch geförderte Zunahme der Häufigkeit der Wirtsart begünstigt wurde. Ein neuer Bestimmungsschlüssel für die mitteleuropäischen Arten der Gattung Thyreus ist beigefügt.
Schmid-Egger, C., Herb, G. & Hoppenmüller, S. (2022): Nomada gransassoi Schwarz, 1986 neu für die deutschen Alpen sowie weitere bemerkenswerte Bienenfunde (Hymenoptera, Apiformes) . – Ampulex 13: 21–26.
Die Wespenbienenart Nomada gransassoi wird erstmalig für Deutschland aus den Allgäuer Alpen gemeldet. Als Wirt vermuten die Autoren Andrena montana, die zeitgleich am selben Fundort nachgewiesen wurde. Beide Arten haben ein ähnliches Verbreitungsmuster. In der Publikation werden weitere Funde von Andrena amieti aufgeführt mit einem aktualisierten Bestimmungsschlüssel für die alpinen Arten der Andrena bicolor-Gruppe.
Praz, C., Genoud, D., Vaucher, K., Bénon, D., Monks, J. & Wood, T.J. (2022): Unexpected levels of cryptic diversity in European bees of the genus Andrena subgenus Taeniandrena (Hymenoptera, Andrenidae): implications for conservation. – Journal of Hymenoptera Research 91: 375–428. doi: 10.3897/jhr.91.82761
Was die deutsche Bienenfauna betrifft, so werden in dieser Arbeit folgende in Deutschland nachgewiesene Taxa als distinkte Arten behandelt: Andrena afzeliella, Andrena gelriae, Andrena intermedia, Andrena ovata, Andrena ovatula, Andrena russula und Andrena wilkella.
Falk, S.J., Johannson, N. & Paxton, R.J. (2022): DNA and morphological characterisation of the Bilberry Mining Bee Nomada glabella sensu Stöckhert nec Thomson in Britain with discussion of the remaining variation within N. panzeri. – Br. J. Ent. Nat. Hist. 35: 91–111.
Die bislang als Form von Nomada panzeri aufgefaßte, an den Nestern von Andrena lapponica anzutreffende Kuckucksbiene wird hier als distinkte Art betrachtet, wobei sowohl die Morphologie als auch die mitochondriale CO1-Gensequenz (DNA-Barcode) als Begründung angeführt wird. Der Name Nomada glabella wird bis zu einer Revision des Nomada-panzeri-Komplexes als vorläufiger Name verwendet.
Zimmermann, R. (2023): Bestätigung der Schneckenhausbiene Rhodanthidium septemdentatum (Latreille, 1809) für Deutschland und weitere Fundmeldungen aus Tschechien und Österreich (Hymenoptera: Megachilidae). – Nachrichtenblatt der bayerischen Entomologen 72(1/2): 17–21.
Wood, T.J., Hogan, J., Edwards, M., Paxton, R.J., Praz, C., Seidel, M. & Schmid-Egger, C. (2023): Andrena scotica Perkins is the valid name for the widespread European taxon previously referred to as Andrena carantonica Pérez (Hymenoptera: Andrenidae). – Br. J. Ent. Nat. Hist. 35: 393–408.
Schon lange (Westrich & Dathe 1997: 16) hatte ich die Auffassung vertreten, daß Andrena scotica der gültige Name für die in früheren Publikationen (u. a. Schmiedeknecht 1930, Westrich 1989) unter dem Namen Andrena jacobi verzeichnete Art ist. Warncke (1967) hatte für dieses Taxon den Namen Andrena carantonica als vermeintlich gültigen Namen eingeführt. Diesen habe ich, seit ich selbst die Typen aus dem Pariser Muséum national d’histoire naturelle entliehen und untersucht hatte, im Gegensatz zu vielen anderen Autoren (u. a. Amiet et al. 2010, Gusenleitner et al. 2012, Scheuchl & Schwenninger 2015, Scheuchl & Willner 2016) nie übernommen.
Zimmermann, R., Schwenninger, H.R. & Bertsch, L. (2023): Die Östliche Schlürfbiene Rophites hartmanni Friese, 1902 neu für Deutschland (Hymenoptera: Halictidae). – Anthophila 1: 1–7.
Silló, N. (2023): Erstnachweis von Stelis simillima Morawitz, 1875 in Deutschland mit Hinweisen zur Unterscheidung von Stelis punctulatissima (Kirby, 1802). – Anthophila 1: 8–20.
Reder, G. (2023): Die Schmalbiene Lasioglossum laevidorsum (Blüthgen, 1923) erstmals in Deutschland nachgewiesen (Hymenoptera: Halictidae) – Anthophila 1: 21–24.
Kapp, G. & Hermann, M. (2023): Nomada furvoides Stoeckhert, 1944 (Hymenoptera, Apidae) neu für Deutschland. – Ampulex 14: 14–16.
Die Wespenbienenart Nomada furvoides wurde am 9. Mai 2022 mit einem Weibchen erstmals für Deutschland nachgewiesen. Der Fundort liegt in Baden-Württemberg und zwar nördlich von Bad Friedrichshall in einer Versuchsobstanlage. Die 5 bis 6 Millimeter große Art gehört zur Gruppe der Nomada furva. Sie kann von den verwandten Arten anhand der Bestimmungsschlüssel in folgenden Publikationen unterschieden werden: Scheuchl, E. (2000): Illustrierte Bestimmungstabellen der Wildbienen Deutschlands und Österreichs. Bd 1, Anthophoridae, 2. Aufl., 158 S. – Smit, J. (2018): Identification key to the European species of the bee genus Nomada Scopoli, 1770 (Hymenoptera: Apidae), including 23 new species. Entomofauna, Monographie 3, 253 S. – Stoeckhert, E. (1944): Über die Gruppe der Nomada furva Panzer. Deutsche Entomologische Zeitschrift 1943: 89 –126.