Zunächst müssen wir zwischen nestbauenden Arten und Brutparasiten (»Kuckucksbienen«) unterscheiden. Der Blütenbesuch der Kuckucksbienen dient bei Männchen und Weibchen ausschließlich der Eigenversorgung, in erster Linie mit Nektar. Daß auch Pollen gefressen wird, wurde mehrfach beobachtet. Manche Arten werden auf bestimmten Blüten regelmäßig häufiger angetroffen. Meist handelt es sich dabei um die bevorzugten Pollenquellen ihrer Wirte. So besucht z.B. die Wespenbienen-Art Nomada armata vor allem die Wiesen-Knautie (Knautia arvensis) und Skabiosen (Scabiosa spec.), an denen die Knauten-Sandbiene (Andrena hattorfiana) ausschließlich Pollen sammelt. Eine enge Bindung an bestimmte Pflanzenarten als Nektarquellen, wie wir sie bei vielen nestbauenden Bienen beim Pollensammeln kennen, liegt nicht vor.
Bei den nestbauenden (pollensammelnden) Arten ist beim Blütenbesuch streng zwischen Männchen und Weibchen zu unterscheiden!
Männchen der Schuppen-Pelzbiene (Anthophora pubescens) an Teucrium chamaedrys.
Bei spezialisierten Arten, deren Weibchen Pollen nur an bestimmten Pflanzen sammeln, werden auch die Männchen in der Regel (aber nicht ausschließlich) an diesen Pflanzen nektarsaugend angetroffen, sofern diese Pflanzen in ihren Blüten Nektar darbieten. Der Blütenbesuch der Männchen kann daher manchmal Hinweise auf mögliche Spezialisierungen der Weibchen geben.
Die Männchen spezialisierter Arten werden aber auch beim Nektarbesuch in den Blüten solcher Pflanzen angetroffen, in denen die Weibchen nie Pollen sammeln. So saugen z. B. die Männchen der Natterkopf-Mauerbiene (Osmia adunca) auch an Kreuzblütlern wie dem Schöterich (Erysimum) Nektar, wenn der Natterkopf, die Pollenquelle ihrer Weibchen, noch nicht aufgeblüht ist.
Die Blüten dienen demnach als Rendez-vous-Platz. Bei einigen Spezialisten findet die Kopula (Paarung) regelmäßig in den Blüten der artspezifischen Pollenquellen statt. So paaren sich z.B. die Sandbienen Andrena curvungula und Andrena pandellei in Glockenblumen- (Campanula-)Blüten. Zu beachten ist ferner, daß sich die Männchen solcher Arten beim Anflug häufig auf die Blütenblätter setzen, ohne Nektar zu saugen.
Eine Paarung der Schwarzglänzenden Keulhornbiene (Ceratina cucurbitina) auf einem Köpfchen eines Habichtskrauts (Hieracium).
Besonders die Blüten von Glockenblumen (Campanula), Storchschnabel (Geranium) und Malven (Malva) und die Köpfchen von Wegwarten (Cichorium) oder Habichtskraut (Hieracium) werden von den Männchen mehrerer Arten aus verschiedenen Gattungen hierfür bevorzugt (z. B. Scherenbienenart Chelostoma rapunculi, Glanzbienenart Dufourea dentiventris, Glockenblumen-Sägehornbiene Melitta haemorrhoidalis, Graubiene Rhophitoides canus).
In Südeuropa nächtigen die Männchen von Langhornbienen (Eucera), Mauerbienen (Osmia) und Wollbienen (Anthidium) regelmäßig in den nektarlosen Blüten von Serapias, einer Orchidee, die sie als Gegenleistung bestäuben.
Sechs (!) Männchen der Grauschuppigen Sandbiene (Andrena pandellei) haben bei regnerischem Wetter in einer Blüte der Rundblättrigen Glockenblume (Campanula rotundifolia) Schutz gesucht.
Die Männchen von einigen Arten der Sandbienen (Andrena), Schlürfbienen (Rophites), Graubienen (Rhophitoides), Wollbienen (Anthidium), Mauerbienen (Osmia), Pelzbienen (Anthophora), Langhornbienen (Eucera), Holzbienen (Xylocopa), Hummeln und Schmarotzerhummeln (Bombus) zeigen ein artspezifisches Territorialverhalten. Im einen Fall kontrollieren sie auf bestimmten Flugbahnen regelmäßig u.a. auch Blüten, die den Weibchen als Nektar- und/oder Pollenquelle dienen, z.B. Frühlings-Pelzbiene (Anthophora plumipes) und Mai-Langhornbiene (Eucera nigrescens). Bei einigen Arten der Wollbienen (z. B. Anthidium manicatum, Anthidium oblongatum, Anthidium punctatum) besteht das Revier aus einer eng umgrenzten Gruppe von Blütenständen, die von den Weibchen zum Nektar- und/oder Pollensammeln aufgesucht werden. Dieses Territorium wird vom Männchen nicht nur gegen »Nebenbuhler«, also Männchen der eigenen Art, sondern auch gegen artfremde Eindringlinge (u.a. Hummeln, Honigbienen) verteidigt.
Eine Paarung der Spalten-Wollbiene (Anthidium oblongatum) auf einem Blütenstand der Felsen-Fetthenne (Sedum reflexum). Sedum-Arten werden von den Weibchen dieser Art sehr gerne besammelt. Das Männchen (oben) patrouilliert an den Blütenständen und verteidigt diese gegen andere Blütenbesucher, um den Weibchen eine optimale Nahrungsquelle zu sichern.
Orchideen der Gattung Ophrys (Ragwurz) schalten sich in das Sexualverhalten ihrer Bestäuber ein. Als sogenannte Sexualtäuschblumen, die weder Nektar noch Futterpollen bieten, imitieren sie mit Hilfe von Duftstoffen das Weibchen ihrer Bestäuber und veranlassen die Männchen zu einer Scheinbegattung (Pseudokopulation) mit der Blüte.