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Blütenprodukte und Bienennahrung -1-

Bienen gelten ganz allgemein als die Blütenbesucher schlechthin. Das zeigt sich auch in zahlreichen Aktionen, ob im eigenen Garten oder in der freien Landschaft, durch die z. B. mit »Blühstreifen« Bienen gefördert werden sollen. Mehrere Gründe für den häufig zu beobachtenden Blütenbesuch, der für ganz unterschiedliche, den meisten Menschen unbekannte Aspekte des Bienenlebens von Bedeutung ist, wurden bereits behandelt. Am weitesten verbreitet dürfte die Auffassung sein, daß die Hauptmotive für einen Blütenbesuch die eigene Ernährung und das Sammeln von Futter für die Brut sind. Auf dieser und den folgenden Seiten sollen diese Hauptmotive und die dabei zu beachtenden Hintergründe näher erläutert werden.

Drei Produkte der Blüten spielen als Bienennahrung eine besondere Rolle:
➔ Nektar
➔ Pollen
➔ fette Öle

Nektar

Die meisten Blüten bieten als Nahrung zunächst einmal Nektar, der unter den Anlockungsmitteln der Blüten an erster Stelle steht. Alle Blüten, die Nektar absondern, werden als »Nektarblumen« bezeichnet. Allerdings ist Nektar nicht immer an Blüten gebunden. Dargeboten wird der Nektar den Besuchern der Blüten in speziellen Nektardrüsen, den sogenannten Nektarien. Bei manchen Blüten liegen diese offen da und sind allen Blütenbesuchern leicht zugänglich. Zu ihnen gehören die meisten Doldenblütler (Apiaceae), der Ahorn (Acer), die Weinraute (Ruta graveolens) oder der Efeu (Hedera helix). Bei vielen Blüten ist der Nektar aber mehr oder weniger verborgen, z. B. in Vertiefungen im Zentrum der Blüte (u. a. Schlehe, Prunus spinosa), in Röhren (u. a. Blut-Weiderich, Lythrum salicaria) oder in Spornen (u. a. Fester Lerchensporn, Corydalis solida). Farbige oder duftende »Saftmale« weisen den Bienen oftmals den Weg zum verborgenen Nektar.

Die absolute Nektarmenge pro Blüte und Tag ist sehr verschieden. Sehr groß ist sie z. B. beim Boretsch (Borago officinalis) mit 2,6 mg, wie auch bei anderen Boretschgewächsen, z. B. Natterkopf (Echium) und den Lippenblütlern (Lamiaceae). Auch eine Tagesrhythmik in der Nektarproduktion lässt sich bei verschiedenen Pflanzen nachweisen. So sondert die Wegwarte (Cichorium intybus) nur zwischen 7 und 12 Uhr Nektar ab.

Nektar ist im wesentlichen eine wässrige Zuckerlösung. Der Gesamtzuckergehalt schwankt zwischen 8% (Kaiserkrone, Fritillaria imperialis) und 76% (Gewöhnlicher Dost, Origanum vulgare), liegt aber im Mittel bei rund 40%. An Hauptzuckerarten finden sich Saccharose und deren Spaltungsprodukte Glukose und Fruktose. Der reine Nektar ist geruchlos, kann aber sekundär den Geruch benachbarter Blütenteile absorbieren.

Ein Männchen der Buckelbienenart Sphecodes albilabris trinkt Nektar im Blütenstand des Feld-Mannstreus (Eryngium campestre)

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Ein Männchen der Frühlings-Pelzbiene (Anthophora plumipes) führt seinen langen Rüssel in die Blüte des Blaukisssens (Aubrieta deltoidea) ein.

Eine Arbeiterin der Ackerhummel (Bombus pascuorum) erwirbt nicht nur Pollen, sondern auch Nektar am Blutweiderich (Lythrum salicaria).

Der Nektar stellt als leicht verdauliche Zuckerlösung eine rasch umsetzbare Energiequelle dar. Für die Imagines ist er z. B. »Treibstoff« für den Flug. Der Larvennahrung wird er bei den Wildbienen ebenfalls beigemischt, allerdings kann das Pollen-Nektar-Verhältnis sehr schwanken. Nektar dient bei »Feuchtsammlern« als Kitt ihrer Pollenladungen. Bestimmte Osmia- und Chelostoma-Arten (z. B. Osmia ravouxi, Chelostoma florisomne, Chelostoma rapunculi) sowie Megachile-Arten (z. B. Megachile parietina) verwenden Nektar zur Herstellung des lehmigen Mörtels, um damit die Brutzellen, die Zellzwischenwände und den Nestverschluß zu bauen.

Während es beim Pollensammeln die unterschiedlichsten Spezialisierungen gibt, existieren solche beim Nektarerwerb nicht.

Vielfach wird irrtümlicherweise angenommen, der Nektar sei das wichtigste Blütenprodukt für Bienen, vermutlich deshalb, weil Nektar eine wesentliche Grundlage für den von der Honigbiene erzeugten Honig darstellt. Wohl auch deshalb steht bei Fördermaßnahmen für Bienen die Verbesserung des Angebots an Nektarlieferanten im Vordergrund. Viel zu oft wird aber leider die Bedeutung des Pollens und damit der Pollenquellen unterschätzt.

Bienen verleiben sich den Nektar mit Hilfe ihres Rüssels (Proboscis) ein. Allgemein unterscheidet man kurzrüsselige und langrüsselige Bienen Zu den ersteren gehören die Familien Colletidae, Andrenidae und Halictidae. Langrüsselige Bienen finden wir bei den Megachilidae und Apidae. Das Nektarsaugen ist den Bienen angeboren. Sie sammeln den Nektar im Vorderdarm, auch »Kropf« genannt, und im Nest erbrechen sie ihn wieder.

Die Scherenbienenart Chelostoma rapunculi verwendet Nektar, um den Mörtel für den Nestverschluß weich genug zu machen, um auch Steinchen einfügen zu können. [Großansicht]

Bei den Schwebebienen (Melitturga clavicornis) wird dem Pollen Nektar beigefügt. Daraus ergeben sich mächtige Pollenladungen für den Heimtransport. [Großansicht]

Besonders lange Rüssel wie bei der Gartenhummel (Bombus hortorum) ermöglichen auch die Nektarentnahme aus kompliziert gebauten Blüten mit längeren Kronröhren. [Großansicht]

Für weitere Details und die darauf basierenden Publikationen sei auf mein Werk »Die Wildbienen Deutschlands« verwiesen.

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