Mehrfach haben mir Leser berichtet, sie hätten in ihrem Garten auf dem Kalifornischen Kappenmohn Hummeln beim Blütenbesuch beobachtet. Manche meinten sogar, diese Zierpflanze sei für Hummeln als Nahrungsquelle bedeutsam. Obwohl ich schon vor Jahren eigene Beobachtungen gemacht hatte, bin ich der Frage nochmals nachgegangen. Sowohl im Botanischen Garten Tübingen als auch in mehreren Dörfern im Vorland der Schwäbischen Alb habe ich seit Mai zusätzliche Beobachtungen gemacht und stelle die Ergebnisse hier dar.
Ein schöner Bestand des Kalifornischen Kappenmohns (Eschscholzia californica) in Immenhausen (Vorland der Schwäbischen Alb) (1. Juni 2020).
Der Kalifornische Kappenmohn, auch Goldmohn oder Schlafmützchen genannt, gehört zur Familie der Mohngewächse (Papaveraceae). Seine ursprüngliche Heimat sind die USA und Mexiko. Seit 1903 ist der Kalifornische Mohn offiziell die Staatsblume von Kalifornien. In den beiden letzten Jahrhunderten wurde er passiv verschleppt oder als Gartenpflanze in Australien, Südafrika und Europa verbreitet. Während er in Großbritannien (Stace 2001) und Frankreich (Tison & Foucault 2014) eingebürgert ist, ist er in Regionen Chiles mit Mittelmeerklima sogar invasiv (Anic 2015). Auch wenn die Art in verschiedenen Teilen Deutschlands im Siedlungsbereich verwildert gefunden wurde (z. B. Jagel 2017), so werden die Verwilderungen bislang zwar als unbeständig bewertet (Hand & Thieme et al. 2020), doch besteht bereits eine Tendenz zur Einbürgerung.
Heute ist der Kappenmohn wegen seiner auffälligen Blüten als Zierpflanze beliebt und in vielen Gärten zu finden. Er ist auch in diversen Sommerblumen-Samenmischungen enthalten. Während die natürliche Blütenfarbe ein leuchtendes Orange ist, gibt es durch Züchtung cremeweiße, gelbe, apricot- und rosafarbene sowie rot und karminrot blühende Sorten. Meistens wird der Kappenmohn einjährig kultiviert und wird hierfür im Gartenhandel als Samen angeboten. Die Aussaat erfolgt ab März. Die Blüte beginnt meist im Juni. Einen früheren Blühbeginn erreicht man, wenn die Samen bereits im Herbst ausgesät wurden und das Frühjahr mild ist (wie 2020). Die Samen können den Winter überdauern und sich so durch Selbstaussaat in einem Garten verbreiten. Die Pflanze benötigt trockene, sonnige Standorte. Sie eignet sich daher besonders für Steingärten.
Blüte des Kalifornischen Mohns mit zahlreichen Staubblättern und Fruchtknoten.
Die Blüten öffnen sich nur bei sonnigem Wetter etwa zwischen 10 und 17 Uhr (Bossardt 2012). Nachts schließen sie sich und auch bei bedecktem Wetter und Regen bleiben sie geschlossen. Sie bestehen, wie für Mohngewächse typisch, aus vier Kronblättern, zahlreichen Staubblättern und einem Fruchtknoten, der aus zwei Fruchtblättern verwachsen ist. Ein Griffel ist nicht ausgebildet, die Narben sitzen direkt am Fruchtknoten. Die Blüten liefern ähnlich wie die Papaver-Arten (z. B. Klatschmohn, Papaver rhoeas), die keinen Nektar produzieren, sehr wenig Nektar, jedoch reichlich Pollen, der während des ganzen Tages präsentiert wird (Percival 1955).
Das Spektrum der Blütenbesucher ist verhältnismäßig klein. Immer wieder kann man in den Blüten Schwebfliegen beobachten, die sich den Pollen einverleiben. Auch Käfer stellen sich hin und wieder als Pollenfresser ein.
Immer wieder kann man in den Blüten Schwebfliegen, hier Episyrphus balteatus (Gemeine Winterschwebfliege) beobachten, die den Pollen fressen.
Die häufigste Bienenart, die während der gesamten Blütezeit anzutreffen ist, ist die Honigbiene. Der Goldmohn wird nicht ohne Grund deshalb auch zur Förderung der Honigbiene empfohlen. Allerdings schließe ich aus meinen Beobachtungen, daß die Honigbiene bei ihrem an größeren Beständen zahlreichen Auftreten mit den Hummeln um den nur begrenzt verfügbaren Pollen konkurriert.
Die Honigbiene nutzt den Kappenmohn häufig als Pollenquelle.
Was die Wildbienen betrifft, so sind in Kalifornien anpassungsfähige »bumble bees« (Hummeln, Bombus) und »sweat bees« (Furchen- und Schmalbienen, Halictus, Lasioglossum) als häufigste Blütenbesucher genannt worden. Thorp (2011) zeigt ein Foto einer an der Westküste von Nordamerika verbreiteten Hummelart (Bombus vosnesenskii) bei der Pollenernte. Hierzulande sind es folgende Hummelarten, die regelmäßig als Blütenbesucher angetroffen werden: Erdhummeln (Bombus-terrestris-Gruppe), Steinhummel (Bombus lapidarius) und Ackerhummel (Bombus pascuorum). Unter ihnen sind Erdhummeln am häufigsten. Es handelt sich also um sehr anpassungsfähige Hummelarten, die nach wie vor weit verbreitet und ungefährdet sind und in Dörfern und Städten geeignete Lebensbedingungen vorfinden. Für diese Hummelarten ist der Kalifornische Kappenmohn in der Blütezeit durchaus eine ergiebige Pollenquelle. Auch Hintermeier und Hintermeier (2012) nennen die Honigbiene und Hummeln als Blütenbesucher. Nur gelegentlich findet man Furchenbienen (Halictus) oder Schmalbienen (Lasioglossum) wie Lasioglossum pauxillum bei der Pollenernte in den Blüten.
Erdhummeln (Bombus terrestris agg.) sind neben der Honigbiene am häufigsten am Kalifornischen Kappenmohn als Pollensammler zu beobachten.
Männliche Bienen trifft man, wenn überhaupt, nur selten an, und dann auch nur, wenn sie dort Weibchen suchen oder in den geschlossenen Blüten schlafen.
Das folgende Video (1 min 10 sec, 92 MB) zeigt Honigbienen und Erdhummeln beim Sammeln von Pollen am Kalifornischen Kappenmohn und am Ende noch eine Schwebfliege. – Das Video kann auch im Vollbildmodus abgespielt werden. Ohne Ton!
Wer bestäubt den Kappenmohn? Aufgrund des Verhaltens bei der Pollenernte und ihrer Körpergröße kommen am ehesten Hummeln als Bestäuber in Betracht, während kleine Schmalbienen als Pollendiebe zu bezeichnen sind.
Ist es wegen der häufigen Nutzung des Kalifornischen Kappenmohns durch Hummeln ratsam, diesen zur Verbesserung der Nahrungsgrundlage von Wildbienen zu kultivieren?
Nein! Denn erstens handelt es sich um eine gebietsfremde Art, und es gibt bereits genügend aus anderen Erdteilen eingeschleppte oder eingeführte Arten (Neophyten) mit dem damit immer verbundenen Risiko, als sogenannte invasive Arten andere Tiere und Pflanzen bzw. Ökosysteme zu gefährden. Zweitens wird der Kappenmohn nur von wenigen anpassungsfähigen, häufigen Arten genutzt. Die allermeisten Bienenarten meiden ihn. Schon allein deshalb ist es sinnvoller, solche Pflanzen im Garten oder in Parkanlagen zu kultivieren, zu fördern oder zu dulden, die für ein breites Spektrum an Bienenarten als Pollenquellen attraktiv sind. Welche Möglichkeiten es gibt, wird im Kapitel »Verbesserung des Nahrungsangebots« und in meinen Büchern dargestellt.
Anic, V., Henríquez, C.A., Abades, S.R. & Bustamante, R.O. (2014): Number of conspecifics and reproduction in the invasive plant Eschscholzia californica (Papaveraceae): is there a pollinator‐mediated Allee effect? - plant biology 17 (3): 720-727.
Bossardt, R. (2012): Es muss nicht immer Orange sein. – Gartenpraxis 2012(3): 61–65.
Hand, R., Thieme, M. et al. (2020): Florenliste von Deutschland (Gefäßpflanzen). Version 11 (https://kp-buttler.de/florenliste, abgerufen am 15.06.2020).
Hintermeier, H. & Hintermeier, M. (2012): Blütenpflanzen und ihre Gäste, Teil 3. 274 S., Bad Windsheim.
Jagel, A. (2017): Eschscholzia californica – Kalifornischer Kappenmohn, Schlafmützchen, Goldmohn (Papaveraceae), Giftpflanze des Jahres 2016. – Jahrb. Bochumer Bot. Ver. 8: 253–259.
Percival, M.S. (1955): The presentation of pollen in certain angio-sperms and its collection by Apis mellifera. - New Phytol. 1955;54: 353–368.
Stace, C. (2001): New Flora of the British Isles, 2. Aufl., Cambridge.
Thorp, R. (2011): Native bees and flowers in California prairies and grasslands. - Fremontia 39: 40.
Tison, J.-M. & de Foucault, J. (2014): Flora Gallica. Flore de France. – Biotope Éditions, 1165 S., Mèze.
Sich öffnende Knospe von Eschscholzia californica. Die zwei Kelchblätter des Kappenmohns sind anders als bei Papaver zu einem »Schlafmützchen« (oder Kappe) verwachsen. Beim Wachsen der Blütenblätter reißt das Mützchen an der Basis ab und wird nach und nach abgestreift.
Auch die Ackerhummel (Bombus pascuorum) nutzt den Kappenmohn als Pollenquelle.
Auch die Steinhummel (Bombus lapidarius), kenntlich am feuerroten Hinterleibsende, ist in den Blüten anzutreffen. Hier hat sich gerade eine Arbeiterin für die Pollenernte in die Blüte gestürzt.
Die Hummeln unterscheiden nicht zwischen den verschiedenen Farbformen des Kappenmohns.
Eine kleine Schmalbiene (Lasioglossum) beim Verlassen der Blüte nach der Pollenernte.
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Körbchen: Vorrichtung zur Aufnahme und zum Transport von Pollen bei Honigbiene und Hummeln