Am heutigen Samstag, an dem endlich mal wieder die Sonne schien und die Lufttemperatur auf 18°C stieg, besuchte ich im mittleren Schwarzwald westlich von Hornberg die dort verbreiteten, lichten Mischwälder, deren Boden flächendeckend mit Heidelbeeren (Vaccinium myrtillus) bewachsen ist. Ich hatte dieses Mal mehr Glück als in den vergangenen Jahren, denn die Heidelbeeren waren in voller Blüte. Meine Suche galt solchen Wildbienen, die Heidelbeeren ihres Nektars oder ihres Pollens wegen besuchen.
Dieser sonnendurchflutete, überwiegend mit Kiefern bestockte Wald im mittleren Schwarzwald, dessen Unterwuchs fast ausschließlich aus Heidelbeeren besteht, war heute Gegenstand meiner Beobachtungen.
Leider haben die vielen Honigbienen meine Beobachtungen ziemlich beeinträchtigt, nicht zuletzt deshalb, weil sie mir oft »in die Quere kamen«, wenn ich versuchte, eine Sandbiene zu fotografieren. Hummelköniginnen sind zwar schon allein durch ihre Größe auffällig, sie sind aber viel schwerer zu fotografieren, weil sie dazu neigen, sofort das Weite zu suchen, sobald sie einen wahrgenommen haben. Sandbienen zwischen den dicht wachsenden Zwergsträuchern zu entdecken, wenn sie kopfüber an den Blütenglöckchen hängen, erfordert hohe Konzentration und ein genaues Hinschauen. Ganz im Gegensatz zur Honigbiene war an dem besuchten Ort die Dichte der anderen Bienenarten recht gering. Immerhin fand ich sechs Arten der Gattung Bombus (Hummeln und Schmarotzerhummeln): Bombus pascuorum (Ackerhummel), Bombus pratorum (Kleine Waldhummel), Bombus terrestris (Dunkle Erdhummel), Bombus hypnorum (Baumhummel), Bombus lapidarius (Steinhummel) und die bei Bombus pratorum schmarotzende Art Bombus sylvestris. Außerdem flogen die Sandbienen Andrena lapponica, Andrena helvola und Andrena fulva sowie die Wespenbiene Nomada ruficornis, die Andrena lapponica parasitiert.
Ein Weibchen der Sandbienen-Art Andrena helvola hängt an dem Glöckchen der Heidelbeere und steckt gerade seinen Rüssel in die Blüte, um an den Nektar zu gelangen. Während der Haarpelz der in tieferen Lagen lebenden Weibchen Ende April bereits vom Sonnenlicht ausgebleicht ist, ist er in dieser Höhe (ca. 800 m) noch schön fuchsrot. Die Art ist ein typischer Bewohner lichter Wälder und Waldränder und leicht mit der nahverwandten Andrena varians zu verwechseln.
Diese leuchtend fuchsrot behaarte Sandbienen-Art Andrena fulva kommt auch in unseren Gärten vor. Sie ist aber auch regelmäßig in lichten Wäldern anzutreffen. Heute sind mir zwei Weibchen begegnet, die eifrig den Pollen der Heidelbeere sammelten.
Bei den Vaccinium-Arten ist der reichlich angebotene Nektar verborgen. Wie bei den meisten Heidekrautgewächsen bilden auch die Staubblätter der Heidelbeere einen Kegel um den hervorragenden Griffel. Wenn eine Biene ihren Rüssel in das Blüten-Glöckchen senkt, stößt sie an die Staubbeutelfortsätze, wodurch der trockene, weiße Pollen aus den Löchern an der Staubbeutelspitze rieselt und die Biene bepudert.
Die für diesen Lebensraum typische Lappländische Sandbiene oder Heidelbeer-Sandbiene Andrena lapponica zeigte sich mir heute »nur« von hinten. Dennoch sind das braune Mesonotum und der bis auf das erste Tergit nur wenig behaarte, schwarze Hinterleib als Merkmale dieser Art zu erkennen. Dieses Weibchen hat bereits viel von dem weißlichen Pollen der Heidelbeere gesammelt. Ein weiteres Bild der auf Ericaceen (Heidekrautgewächse) spezialisierten Art findet sich in dieser Galerie (Bild 4 von 19).
In der Färbung sieht das frisch geschlüpfte Männchen von Andrena lapponica seinem Weibchen recht ähnlich. In der Seitenansicht sind die säbelartig gekreuzten Mandibeln (Oberkiefer) nicht zu sehen. Die Männchen patroullieren die Blüten der Heidelbeeren auf der Suche nach unverpaarten Weibchen und rasten nur gelegentlich. Sie leben nur wenige Tage.
Mehrfach beobachten konnte ich die leicht kenntlichen Königinnen von Bombus pascuorum (Ackerhummel), eine Art, die außer Wälder noch verschiedene weitere Lebensräume besiedelt und oft auch in Dörfern und Städten anzutreffen ist.
Es ließ mir keine Ruhe und so bin ich heute nochmals zu »meinem« Heidelbeerwald gefahren. Aufgrund des Sonnenstandes (diesmal war ich tageszeitlich etwas früher dran) suchte ich einen anderen Waldabschnitt auf und ich hatte Glück. Zwar mußte ich jeweils über eine halbe Stunde die Heidelbeersträucher absuchen, bis ich ein Weibchen von Andrena lapponica entdeckt hatte, aber es gelang mir heute, es auch von der Seite zu fotografieren.
Das Weibchen von Andrena lapponica hat schon viel von dem weißen Pollen der Heidelbeere gesammelt und wird bald zu seinem Erdnest im Waldboden fliegen, um die Brutzelle zu verproviantieren.
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