Synonyme: Osmia truncorum (Linnaeus 1758)
Heriades truncorum - Männchen.
4–8 mm. Die Gruben des letzten Hinterleibssegments sind nur durch einen schmalen Zwischenraum getrennt (bei H. crenulatus breiter Zwischenraum).
Der Clypeusrand des Weibchens ist im Gegensatz zur verwandten Heriades crenulatus gerade und in der Mitte mit einem kleinen Doppelhöcker versehen
Paarung auf einem Blütenstand der Färber-Hundskamille (Anthemis tinctoria). Die Männchen patrouillieren nicht nur die Blütenstände von Korbblütlern, wo sie ihre Weibchen nach dem Schlüpfen beim ersten Blütenbesuch anzutreffen hoffen, sondern kontrollieren auch häufig die vorjährigen Nester, in denen sich noch nicht geschüpfte Weibchen befinden.
Ganz Europa. In In den Alpen bis 1600 m. – In Deutschland in allen Bundesländern. Auch in Österreich und in der Schweiz weit verbreitet.
Vor allem an Waldrändern, auf Waldlichtungen und Kahlschlägen, in Streuobstwiesen mit altem Baumbestand, in Hecken und Feldgehölzen, in alten Weinbergbrachen, regelmäßig auch im Siedlungsbereich.
Nistet in vorhandenen Höhlungen in totem Holz (Insektenfraßgänge) oder in hohlen Pflanzenstengeln, v.a. von Brombeeren (Rubus fruticosus). Besiedelt auch Nisthilfen, z.B. Bohrungen in Holz sowie Schilf und Bambusrohr (Innendurchmeser bevorzugt 3–3,5 mm). Die Nester sind Linienbauten mit 1–10, durchschnittlich 4 Brutzellen. Als Baumaterial für die Zellzwischenwände und den Nestverschluß dient Harz von Nadel- oder von Laubbäumen. In das Harz des Nestverschlusses werden kleine Teilchen (Steinchen, Erdbröckchen, Holzstückchen) eingebaut. Nester werden regelmäßig wiederbenutzt und zuvor von störenden Resten befreit.
Das Weibchen ist von seinem Pollensammelflug zurückgekehrt und wird nun in der Brutzelle den Pollen mit seinen Hinterbeinen aus seiner Bauchbürste streichen.
Das Weibchen hat in seinen Oberkiefern weißes Harz gesammelt und wird dieses im Nestverschluß verarbeiten.
Ein Weibchen setzt noch Erdbröckchen, Steinchen Holzstückchen und dergleichen in das Harz und beendet damit den Bau des Nestverschlusses in einer Nisthilfe.
Nestverschluß von Heriades truncorum.
Nestverschluß von Heriades truncorum.
Nestverschluß von Heriades truncorum.
Nest in einem Bambusröhrchen mit 5 Brutzellen, dunkelgelbem Pollen und je einem Ei (Nesteingang rechts).
Stark vergrößertes Bild einer einzelnen Brutzelle mit dem hell- bis dunkelgelben Pollen verschiedener Korbblütler. Auf dem Pollen sitzt das frisch abgelegte Ei. Die blauen Pfeile zeigen auf Eier der brutparasitischen Keulenwespenart Sapygina decemguttata, die während der Verproviantierung in den Pollenvorrat abgelegt wurden.
Heriades truncorum nutzt regelmäßig alte Nester, die zunächst gereinigt werden, indem Reste des alten Pollenvorrats, der Kokons und der Zellzwischenwände entfernt werden. Hier haben sich die herausgeschafften Pollenreste unterhalb des alten Nestes angesammelt.
Stark vergrößertes Foto des Verschlusses eines in einem Bambusröhrchen angelegten Nestes. Zuerst wird ausreichend Harz in Form kleiner Tröpfchen mit den Mandibeln herbeigeschafft, womit zunächst der Eingang verschlossen wird. Dann sammelt das Weibchen allerlei kleine Objekte wie Steinchen, Erdbröcken oder Holzspänchen, die in das Harz gedrückt werden (siehe die drei Bild-Beispiele fertiger Nestverschlüsse).
Oligolektische, auf Asteraceae (Korbblütler) spezialisierte Art. Genutzt werden Vertreter fast aller Verwandschaftsgruppen der Korbblütler, zungenblütige ebenso wie röhrenblütige, und zahlreiche Neophyten. Eine gewisse Bevorzugung von Vertretern der Unterfamilie Asteroideae ist jedoch deutlich. Die Blütenstetigkeit beim Pollensammeln ist gering. Regelmäßig werden verschiedene Typen von Korbblütlern während eines Sammelflugs besucht. Bisher bekannt gewordene Pollenquellen:
Auch der Einjährige Feinstrahl (Erigeron annuus) gehört zu den von Heriades truncorum genutzten Pollenquellen. Dieser Korbblütler wurde als Zierpflanze eingeführt und ist seit dem 18. Jahrhundert vielerorts verwildert und eingebürgert.
Hier erntet das Weibchen den dunkelgelben Pollen des Jakobs-Kreuzkrauts (Senecio jacobaea), indem es mit den Hinterbeinen den Pollen von der Spitze der Staubbeutelröhre abstreift und für den Transport in der Bauchbürste deponiert.
An den Nestern ist regelmäßig die Düstenbienenart Stelis breviuscula anzutreffen. Aufgrund von Beobachtungen wird auch Stelis minuta als Brutparasit vermutet (siehe Westrich 2019: 588). Ein weiterer artspezifischer Schmarotzer ist die Keulenwespe Sapygina decemguttata.
Univoltin. Außerordentlich lange Flugzeit (v. a. der Weibchen) von Mitte Juni bis Anfang Oktober. Hauptnistaktivität von Anfang Juli bis Ende August, in sonnenreichen Spätsommern noch bis Ende Oktober. Überwinterung als Ruhelarve im Kokon.
Die Art ist weit weniger wärmeliebend als ihre nahe Verwandte Heriades crenulatus und in weiten Teilen Mitteleuropas häufig. Sie läßt sich problemlos durch Nisthilfen auch im Garten oder auf dem Balkon ansiedeln, sofern geeignete Korbblütler in der Nähe der Nester blühen. Ihre Pollenquellen lassen sich sogar im Balkonkasten kultivieren. Außerhalb des Siedlungsbereichs allerdings sind besonnte Totholzstrukturen und alte Brombeerhecken für die Art wichtig. Durch deren Beseitigung erleidet die Art immer wieder lokale Verluste. Der begrenzende Faktor für das Vorkommen liegt demnach im Nistplatz, weniger in den Pollenquellen, die sich meist noch in genügender Menge finden.
Wer auf dem Balkon Heriades truncorum ansiedeln will, sollte neben geeigneten Nisthilfen auch für geeignete Korbblütler (hier Färberkamille, Anthemis tinctoria) sorgen, damit in der Nähe der Nester geeignete Pollenquellen vorhanden sind.
Männchen in Frontalansicht.
Männchen beim Besuch auf Einjährigem Feinstrahl (Erigeron annuus), einem Neophyten.
Auch das Gewöhnliche Bitterkraut (Picris hieracioides), das zu den zungenblütigen Korbblütlern gehört, wird regelmäßig als Pollenquelle genutzt.
Heriades truncorum bei der Pollenernte auf dem Blütenstand der in Gärten vielfach kultivierten Telekie (Telekia speciosa).