Männchen: 8,5–12,7 mm. Im Habitus am ehesten in frischem Zustand zu erkennen, wobei neben dem späten Erscheinen auch die intensiv rostrote Behaarung des Mesonotums und die bräunlichen Tergitbinden bei der Bestimmung helfen.
Weibchen: 11,5–14,5 mm. Frisch geschlüpfte Weibchen fallen durch ihre intensive rostrote Behaarung des Mesonotums und die bräunlichen Tergitbinden auf. Bei Besuch an Efeu handelt es sich stets um C. hederae, da bei uns keine andere Colletes-Art an Efeu auftritt, obwohl C. similis (verbreitet) und C. collaris (südlicher Oberrheingraben) auch noch aktiv sind, als Blütenbesucher aber nur an Korbblütlern anzutreffen sind.
Colletes halophilus hat eine annähernd gleiche Flugzeit und ist auch im äußeren Erscheinungsbild sehr ähnlich. Allerdings kommt diese Art nur im Küstenbereich vor.
In Deutschland war Colletes hederae zum Zeitpunkt der Erstbeschreibung (1993) zunächst nur von einer Lokalität (Karlsruhe) im Oberrheinischen Tiefland bekannt. In den Folgejahren wurden weitere Vorkommen in Südwestdeutschland entdeckt. Seit 2006 hat sich die Art in Deutschland stark ausgebreitet. Sie ist mittlerweile von Baden-Württemberg und Bayern bis Niedersachsen (Theunert 2015) sowie über Sachsen-Anhalt bis Berlin und Brandenburg (Saure et al. 2019) verbreitet. Während sie zunächst nur in niederen Lagen anzutreffen war, kommt die Art mittlerweile auch in der montanen Stufe des Schwarzwaldes und der Schwäbischen Alb (680 bis 900 m) vor und breitet sich auch in den nördlichen und östlichen Regionen Deutschlands weiter aus. (Literaturangaben zur Verbreitung siehe Westrich 2019: 438.)
Colletes hederae dürfte mittlerweile in Deutschland eine der häufigsten Bienenarten der Ebene und des Hügellandes sein. Dies gilt sowohl für die Individuenzahl der lokalen Populationen (Abundanz) als auch für deren Bestandsdichte (Präsenz).
Die meisten Vorkommen finden sich im Siedlungsraum: Gärten (auch Kindergärten), Parks, Friedhöfe. Außerhalb menschlicher Siedlungen in Weinbergen, lichten Wäldern und auf Binnendünen(resten) und Flugsandfeldern. Der Nistplatz kann weit entfernt vom Nahrungsraum liegen (Teilsiedler). Eine Bevorzugung
oder gar Bindung an einen bestimmten
Lebensraumtyp ist nicht erkennbar. Nester gibt es zwar auch im lichten Wald, meistens aber im Offenland:
inmitten von Weinbergen, auf Friedhöfen, auf Feldwegen, in Parkanlagen,
in Gärten sowie auf sandigen Spielplätzen und Sandkästen in Kindergärten. Dabei ist bemerkenswert, daß C. hederae in völlig unterschiedlichen
Substraten zu nisten und in kurzer Zeit individuenreiche Populationen zu entwickeln vermag. Bislang fand ich Nistplätze in folgenden Substraten: Sande (Flugsand, Verwitterungssande), Löß, Lehm, humose Gartenerde.
Sobald ein Weibchen geschlüpft ist, stürzen sich zahlreiche Männchen darauf, aber nur einem von ihnen gelingt es, sich mit ihm zu paaren.
Zwei Beispiele für die Paarung. Meine Zeitmessungen ergaben eine Dauer der Paarung von durchschnittlich 6–7 Minuten. Oft schleppt das Weibchen das Männchen mit oder fliegt mit ihm weg, vor allem, wenn sich viele Männchen gleichzeitig in einem Knäuel auf das Paar stürzen.
Hinsichtlich der Lage und Exposition des Nistplatzes ist C. hederae ausgesprochen flexibel. Eine gewisse Präferenz für vertikale Strukturen ist vor allem dort festzustellen, wo in einer ebenen Fläche die Wände kleiner Vertiefungen unmittelbar nach ihrer Entstehung schon zum Nisten genutzt werden. Schon eine Höhe von 10 cm ist attraktiv. Generell findet man die Nester häufig in sehr niedrigen bis hohen Steilwänden aus Sand oder Löß, aber auch in mehr oder weniger stark geneigten Böschungen und auf völlig ebenen Flächen. Der Bewuchs kann völlig fehlen wie bei den Sandkästen von Kindergärten oder bei Beachvolleyball- oder Bolzplätzen; der Nistplatz kann aber auch lückig bewachsen sein wie ein Stauden- oder Gemüsebeet oder der Rand einer (Garten-)Hecke oder dicht bewachsen wie ein Parkrasen.
Nistplatz im jüdischen Friedhof in Worms, auf dem viele hundert Nester zu finden waren (9. September).
An einem Waldrand im Pfälzer Wald gelegene, steile Böschung im Verwitterungssand des Bundsandsteins. Der von C. hederae ausgegrabene, rötliche Sand rieselt aufgrund der Hangneigung herunter (23. September).
In dieser Steinwand nisteten 2016 mehr als 200 Weibchen.
Nistplatz mit 35 Nestern unweit der Altstadt von Tübingen. Die Weibchen nisteten in dem dunkelbraunen, humosen Gartenboden zwischen dem Plattenweg und dem Metallzaun (3. September).
Der Nistplatz im Sandkasten eines Kindergartens wurde mit einem Zaun geschützt, damit die Kinder weiter im Sand spielen konnten (12. September).
Mit Baustellenband gekennzeichneter Nistplatz im sandigen Spielplatz eines Kindergartens. Hier wurden 42 Nester gefunden. Die Kinder haben die Absperrung respektiert (22. September).
Solitäre Art, die in selbstgegrabenen Hohlräumen in der Erde nistet. Sehr flexibel in der Wahl des Nistsubstrats. Häufig in Steilwänden (v. a. Löß), aber auch in horizontalen Flächen, die vegetationsfrei, aber auch dicht bewachsen (Parkrasen) sein können. Vielfach werden auch ungewöhnliche Nistgelegenheiten wie Sandkästen in Kindergärten genutzt. Oft in kleineren bis sehr großen Kolonien (mehrere hundert bis mehrere tausend Nester). Die Brutzellen liegen nach Untersuchungen in Sandkästen überwiegend 18–22 cm (vereinzelt 13–42 cm) tief im Substrat. (Literaturangaben siehe in Westrich 2019: 438). Kühle Lufttemperaturen scheinen die Weibchen nicht daran zu hindern, ihren Nistaktivitäten nachzugehen, sofern es nicht gerade stark regnet. Mehrfach fand ich im September und Oktober mit Pollen heimkehrende Weibchen bei einer Lufttemperatur von 10 °C.
Abbildung 1: Brutzellen von Colletes hederae, die am Rande eines Sandkastens angelegt wurden, wo eine Betonmauer den Sandkasten abgeschlossen hat. Zu sehen sind einige Gänge, an deren Ende jeweils eine der fünf Brutzellen anlegt wurde (gelbe Pfeile). Abbildung 2: Freigelegte, nahezu senkrecht angelegte Brutzellen. Die ca. 8 mm breiten und 15 mm langen Brutzellen können nahezu senkrecht, schwach geneigt, aber auch fast waagrecht liegen.
Die Brutzellen werden mit einer sehr dünnen, durchscheinenden, cellophanartigen (»seidigen«) Membran ausgekleidet.
Die Larve schwimmt auf dem zähflüssigen Futterbrei.
Eingeschränkt oligolektische, Efeu (Hedera) (Araliaceae) bevorzugende Art. Hauptpollenquelle ist der Gewöhnliche Efeu (Hedera helix). Wenn der Efeu noch nicht aufgeblüht ist, werden auch andere Pollenquellen genutzt, wie eine bereits 2006 von mir durchgeführte Studie zeigt. Darüber hinaus nutzen die Weibchen gelegentlich auch bei Anwesenheit von blühendem Efeu andere Pollenquellen (z. B. Teppner & Brosch 2015), doch sind mir keine Lokalitäten mit hederae-Vorkommen bekannt, an denen der Efeu nicht vorkommt und nicht die Hauptpollenquelle ist. Deshalb halte ich die Charakterisierung als »eingeschränkt oligolektisch« nach wie vor für gerechtfertigt. Die Bezeichnung »polylektisch« bzw. »pseudo-oligolektisch« würde die sehr starke Bevorzugung von Hedera nicht ausreichend berücksichtigen. (Literaturangaben zum Blütenbesuch in Westrich 2019: 439.)
Bisher bekannte Pollenquellen sind:
Alle bislang als Gegenspieler bekannt gewordenen Kuckucksbienen gehören zur Gattung Epeolus (Filzbienen). Die höchste Bestandsdichte an den Kolonien hat der in Deutschland erstmals 2015 nachgewiesene, im Kaiserstuhl und am Tuniberg verbreitete Epeolus fallax. Vereinzelt wurde Epeolus cruciger an den Nistplätzen beobachtet und jüngst auch Epeolus variegatus. – In den letzten Jahren hat sich Stenoria analis, ein Ölkäfer, in Deutschland ausgebreitet und ist mittlerweile in der Umgebung zahlreicher Nistplätze anzutreffen.
Eine Generation im Jahr (univoltin). Flugzeit von Ende August bis Ende Oktober. Überwinterung als Ruhelarve.
Aufgrund ihrer derzeit weiten Verbreitung, individuenreichen Populationen und hoher Bestandsdichte ist Colletes hederae in Deutschland nicht gefährdet. Grundlage des Schutzes dieser erst gegen Ende des Sommers erscheinenden Wildbienenart ist die Erhaltung alter Efeu-Bestände, z. B. an Mauern und Felsen.
Weil das Auftreten von Colletes hederae im Spätsommer und Herbst immer wieder zu Anfragen führt, habe ich ein Merkblatt erstellt, das nachfolgend heruntergeladen werden kann und das alle wichtigen Informationen zum Umgang mit dieser Wildbiene behandelt und auch die wichtigsten Daten zur Lebensweise liefert.
Kostenloses Merkblatt mit Hinweisen und Empfehlungen. Zum Download
Damit im Fall der Sperrung eines Spielplatzes die Bevölkerung bzw. Kinder und Jugendliche über den Grund des Betretungsverbots aufgeklärt werden können, besteht die Möglichkeit, von mir eine Druckvorlage (PDF) für eine (Infotafel im Format DIN A3, siehe Muster) zu beziehen. Bitte wenden Sie sich per E-Mail an mich.
Außerdem habe ich einen Film über die Lebensweise und das Verhalten der Art erstellt. Er ist auf dieser Seite erläutert und kann hier gestartet werden.
Saure, C., Streese, N. & Ziska, T. (2019): Erstnachweise von drei ausbreitungsstarken Stechimmenarten für Berlin und Brandenburg (Hymenoptera Aculeata). – Märkische Ent. Nachr. 21(2): 243–252.
Teppner, H. & Brosch, U. (2015): Pseudo-oligolecty in Colletes hederae (Apidae-
Colletinae, Hymenoptera). – Linzer biol.
Beitr. 47: 301–306.
Theunert, R. (2015): Efeu-Seidenbiene (Colletes hederae Schmidt & Westrich, 1993) hat Hildesheim erreicht (Hymenoptera, Apidae). – Ent. Nachr. Ber. 59: 228.
Westrich, P. (2019: Die Wildbienen Deutschlands. 2., aktualisierte Auflage, 824 S., 1700 Farbfotos. Stuttgart (E. Ulmer). Hier weitere Literaturquellen zur Art.
Ein Männchen beim Nektarerwerb an Wilder Resede (Reseda lutea).
Ein Männchen beim Blütenbesuch an der Goldaster (Galatella linoryris).
Ein frisch geschlüpftes Männchen.
Ein Männchen beim Blütenbesuch an der Grauen Skabiose (Scabiosa canescens).
Ein Weibchen bei der Pollenernte am Efeu (Hedera helix).
Dorsalansicht eines Weibchens bei der Pollenernte am Efeu (Hedera helix).
Ein mit Efeu-Pollen beladenes Weibchen nach der Ankunft vor seinem Nest in einer Lößwand.
Ein Weibchen bei der außergewöhnlichen Pollenernte an Wilder Rauke (Diplotaxis tenuifolia)
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