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Anthidium oblongatum

(Illiger 1806)

Spalten-Wollbiene

male Anthidium oblongatum, Männchen

male Anthidium oblongatum, Weibchen.

Kennzeichen

Männchen: 9–13 mm. Dem Weibchen sehr ähnlich. Die Fleckung auf den Tergiten ist variabel. Auf einem Tergit können vier Flecken sein oder gar keine. Tergit 6 seitlich mit Dornen. Tergit 7 in der Mitte tief ausgeschnitten, dadurch in 2 breite viereckige Lappen geteilt. Im Unterschied zu A. manicatum ohne orangefarbene Haarbüschel an den Seiten des Hinterleibs.
Weibchen: 8–10 mm. Olivgrüne Augen und orangerote Beine. Im Feld gut zu erkennen, eventuell mit dem größeren A. manicatum zu verwechseln, dessen Beine jedoch gelb sind und das einen anderen Blütenbesuch aufweist. - [Großansichten: auf Bild klicken]

Anthidium oblongatum

Anthidium oblongatum, Männchen in Frontalansicht.

Anthidium oblongatum

Anthidium oblongatum, Paarung auf Fetthenne.

Verbreitung

In Deutschland Siedlungsschwerpunkt südlich des Mittelgebirgsrandes, darüber hinaus vereinzelte Funde im Norddeutschen Tiefland (Herrmann & Finch 1998, Theunert 2007, 2010). Mäßig häufig.

Lebensraum

Wärmeliebende Art, die ihren Siedlungsschwerpunkt in trockenwarmen Lebensräumen hat: Magerrasen, alte Weinbergbrachen, extensiv genutzte, mit blütenreichen Trockenmauern und Ruderalstellen durchsetzte Weinberge, Binnendünen, Abwitterungshalden und Felshänge, steinige und nur schütter bewachsene Straßenböschungen, Bahndämme, Hochwasserdämme; zerstreut auch im Siedlungsbereich auf Brachen und in blumenreichen (Stein-)Gärten. Oft liegt der Nistplatz weit entfernt von den Orten, an denen Pollen oder Baumaterial gesammelt wird. Teilsiedler.

Magerrasen

Ein Steinbruch, in dem Gips abgebaut und der dann stillgelegt wurde, ist heute ein trockenwarmer Lebensraum, in dem es nicht nur ein reiches Angebot an Nistmöglichkeiten gibt, sondern auch Herden von spezifischen Nahrungspflanzen wie z. B. der Felsen-Fetthenne (Sedum rupestre). [Für Großansicht auf Bild klicken]

Alpinum_Botanischer_Garten

Strukturreiche Gärten wie hier das Alpinum im Botanischen Garten Tübingen werden deshalb von Anthidium oblongatum besiedelt, weil sie den Lebensräumen der Art im Offenland ähneln und daher alle für den Nestbau und die Verproviantierung notwendigen Requisiten (Elemente) enthalten.

  • Wiese
    Ein Steinbruch, in dem Gips abgebaut und der dann stillgelegt wurde, ist heute ein trockenwarmer Lebensraum, in dem es nicht nur ein reiches Angebot an Nistmöglichkeiten gibt, sondern auch Herden von spezifischen Nahrungspflanzen wie z. B. der Felsen-Fetthenne (Sedum rupestre).

Nistweise

Nistet in vorhandenen Hohlräumen unterschiedlicher Form und Größe: in Erdritzen, in Mauerfugen und Felsspalten sowie zwischen Geröll oder aufeinanderliegenden Steinen, möglicherweise auch in hohlen Stengeln von Disteln und Doldengewächsen. Das Nest besteht aus bis zu 8 Brutzellen. Als Baumaterial dienen abgeschabte Pflanzenhaare v. a. von folgenden Pflanzen: Deutscher Ziest (Stachys germanica), Woll-Ziest (Stachys byzantina), Königskerzen (Verbascum), Sand-Strohblume (Helichrysum arenarium), Zier-Strohblume 'Schwefellicht" (Helichrysum thianshanicum), Kugeldistel (Echinops ritro), Silberimmortelle (Anaphalis margaritacea), Golddistel (Carlina vulgaris), Kronen-Lichtnelke (Lychnis coronaria). (Bembé et al. 2001, Dalla Torre 1902, Friese 1911, Maneval 1929, 1937, Molitor 1936, Westrich 1990, Xambeu 1869).

Anthidium oblongatum

Ernte von Baumaterial an der Sand-Strohblume (Helichrysum arenarium).

Anthidium oblongatum

Die abgezupften Pflanzenhaare werden zunächst mit den Mandibeln unter dem Kopf angehäuft.

Anthidium oblongatum

Zum Schluß werden die Pflanzenhaare zu einer transportfähigen Kugel geformt.

Anthidium oblongatum

Noch eine kurze Rast auf dem Blütenstand vor dem Heimflug zum Nest.

Anthidium oblongatum Nest

Ein Nest von Anthidium oblongatum in einer Felsspalte.

Anthidium oblongatum Nest

Blick von oben auf das aus der Spalte herausgelöste Nest mit mehreren durch die Pflanzenhaare durchschimmernden Brutzellen.

Blütenbesuch

Polylektische Art (5 Pflanzenfamilien) (Müller 1996, Westrich 1990). Am häufigsten werden die Weibchen an Gewöhnlichem Hornklee oder an Wilder Resede beobachtet. Bisher bekannt gewordenene Pollenquellen:

  • Amaryllidaceae
  • Gelber Lauch (Allium flavum)
  • Berg-Lauch (Allium lusitanicum)
  • Campanulaceae
  • Berg-Sandrapunzel (Jasione montana)
  • Grasblättrige Büschelglocke (Edraianthus graminifolius)
  • Crassulaceae
  • Felsen-Fetthenne (Sedum rupestre)
  • Weiße Fetthenne (Sedum album)
  • Scharfer Mauerpfeffer (Sedum acre)
  • Kaukasus-Asienfetthenne (Phedimus spurius)
  • Spinnweben-Hauswurz (Sempervivum arachnoideum)
  • Fabaceae
  • Gewöhnlicher Hornklee (Lotus corniculatus)
  • Futter-Esparsette (Onobrychis viciifolia)
  • Weißer Steinklee (Melilotus albus)
  • Echter Steinklee (Melilotus officinalis )
  • Resedaceae
  • Wilde Resede (Reseda lutea)
  • Färber-Resede (Reseda luteola).
Die Männchen zeigen ein interspezifisches Territorialverhalten, vor allem dann, wenn die Nahrungspflanzen der Weibchen in dichten Beständen vorkommen. Als Territorium wird an vielen Orten besonders gern ein Bestand von Sedum rupestre gewählt.

Die Pollenernte an Edraianthus graminifolius ist in diesem Video zu sehen.

Anthidium oblongatum. Ein Männchen sonnt sich auf einem Kiesel eines Flachdachs.

Anthidium oblongatum. Ein Weibchen beim Blütenbesuch an der Futter-Esparsette (Onobrychis viciifolia).

Der Gewöhnliche Hornklee (Lotus corniculatus) ist bei Anthidium oblongatum als Pollenquelle sehr beliebt.

Auf diesem Foto sieht man, wie das Weibchen von Anthidium oblongatum den am Hornklee geernteten, weißen Pollen mit den Hinterbeinen in die Bauchbürste befördert.

Auch auf der Felsen-Fetthenne (Sedum rupestre) kann man Anthidium oblongatum regelmäßig beobachten, manchmal sogar im eigenen Garten.

Dort, wo es noch Bestände der Berg-Sandrapunzel (Jasione montana) gibt, trifft man gelegentlich auch Anthidium oblongatum beim Sammeln des violetten Pollens an.

  • Anthidium oblongatum
    Anthidium oblongatum. Ein Männchen sonnt sich auf einem Kiesel eines Flachdachs.
  • Anthidium oblongatum
    Anthidium oblongatum. Ein Weibchen beim Blütenbesuch an der Futter-Esparsette (Onobrychis viciifolia).
  • Anthidium oblongatum
    Der Gewöhnliche Hornklee (Lotus corniculatus) ist bei Anthidium oblongatum als Pollenquelle sehr beliebt.
  • Anthidium oblongatum
    Auf diesem Foto sieht man, wie das Weibchen von Anthidium oblongatum den am Hornklee geernteten, weißen Pollen mit den Hinterbeinen in die Bauchbürste befördert.
  • Anthidium oblongatum
    Auch auf der Felsen-Fetthenne (Sedum rupestre) kann man Anthidium oblongatum regelmäßig beobachten, manchmal sogar im eigenen Garten.
  • Anthidium oblongatum
    Dort, wo es noch Bestände der Berg-Sandrapunzel (Jasione montana) gibt, trifft man gelegentlich auch Anthidium oblongatum beim Sammeln des violetten Pollens an.

Kuckucksbienen

Stelis punctulatissima.

Phänologie

Univoltin. Flugzeit von Mitte Juni bis Mitte August (in manchen Jahren bis in die zweite September-Hälfte). Überwinterung als Ruhelarve im Kokon.

Gefährdung und Schutz

Obwohl die Art vor allem trockenwarme Lebensräume des Offenlandes besiedelt, kann sie sich auch in den Gärten des Siedlungsraums halten, sofern dort geeignete Pollenquellen und Baumateriallieferanten zur Verfügung stehen. Mit der Kultur dieser Requisiten kann sie hier auch gezielt gefördert werden. Eine wirksame Schutzmaßnahme ist auch die Erhaltung, gegebenenfalls auch Unterschutzstellung, und sachgerechte Pflege (Verhinderung der Verbuschung) von Steinbrüchen und anderen Abbaustellen.

Rote Liste Deutschland: Vorwarnliste.

Literatur

Bembé, B., Gerlach, G., Schuberth, J. & Schönitzer, K. (2001): Die Wildbienen im Botanischen Garten München (Hymenoptera, Apidae). – NachrBl. bayer. Ent. 50: 30–41.

Dalla Torre, K.W. (1902): Interessante Nestanlagen von Odynerus parietum L. und Anthidium oblongatum Latr. – Wiener ent. Ztg., 21: 21–22.

Friese, H. (1911): Apidae I. Megachilinae. – In: Das Tierreich, 440 S., Berlin.

Herrmann, M. & Finch, O.-D. (1998): Stechimmen auf isolierten Trockenstandorten im Nordwestdeutschen Flachland (Hymenoptera, Aculeata). – Abh. Naturw. Ver. Bremen 44: 115–133.

Maneval, H. (1929): Notes sur quelques Hyménoptères. – Ann. Soc. ent. France 98: 289–300.

Molitor, A. (1936): Experimentelle Beiträge zur Ethologie der Hymenopteren. – Biol. Centralbl. 56: 518–532.

Müller, A. (1996): Host-plant specialization in western palearctic Anthidiine bees (Hymenoptera: Apoidea: Megachilidae). – Ecological Monographs 66 (2): 235–257.

Theunert, R. (2007): Hervorhebenswerte Stechimmenfunde aus dem östlichen Niedersachsen (Hymenoptera), Folge IV. – Beitr. Naturk. Niedersachsens 60: 95–99.

Theunert, R. (2010): Hervorhebenswerte Stechimmenfunde aus dem östlichen Niedersachsen (Hymenoptera), Folge V. – Beitr. Naturk. Niedersachsens 63: 1–7.

Westrich, P. (1989): Die Wildbienen Baden-Württembergs. 2 Bände, 972 S., 496 Farbfotos; Stuttgart (E. Ulmer). [1990 2., verb. Auflage].

Xambeu, V. (1896): Moeurs et metamorphoses des Anthidium oblongatum et 7–dentatum, Hyménoptères du groupe des Apides. – Bull. Soc. ent. France, 1896: 328–331.

Anthidium oblongatum

Als Offenland oder Offenlandschaft bezeichnet man nicht überbaute, nicht durch Gehölze dominierte Gebiete und damit alle Lebensräume, die nicht zum Wald zählen.