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Anthidium manicatum

(Linnaeus 1758)

Garten-Wollbiene

  • Anthidium_manicatum_2007_10713.jpg
  • Anthidium manicatum

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Wie das Weibchen gelb gefleckt. Das 6. Hinterleibssegment ist beiderseits mit einem großen Zahn bewehrt, das letzte Segment dreizähnig, dabei die seitlichen Zähne gekrümmt sowie größer und dicker als der mittlere, feine und gerade Dorn. Seitlich tragen das 1- bis 4. Segment eine dichte, büschelartige, rötlichweiße Behaarung. 14-18 mm.

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Auffallend sind die gleichartig und breit gelb gebänderten Hinterleibssegmente, die mitten weit unterbrochen sind sowie das fast viereckig geformte letzte Segment. 10-12 mm. In Nordeuropa und im Alpengebiet deutlich dunkler.

Anthidium manicatum

Anthidium manicatum, Männchen.

Anthidium manicatum

Anthidium manicatum, Weibchen.

Verbreitung

Ganz Europa mit Ausnahme des hohen Nordens. Adventiv in USA im Staat New York. – In ganz Deutschland verbreitet und in allen Bundesländern nachgewiesen. In den süddeutschen Mittelgebirgen (z.B. Schwäbische Alb) bis in Höhen von 800 m zerstreut vorkommend. Anthidium manicatum ist die häufigste Art der Gattung Anthidium in Mitteleuropa.

Lebensraum

Siedlungsschwerpunkt in den Gärten der Dörfer und Städte mit teils hoher Populationsdichte, wie im Botanischen Garten der Universität Tübingen, wo im Sommer des Jahres 1986 60 Männchen und 112 Weibchen durch Markieren nachgewiesen werden konnten, die Gesamtpopulation wahrscheinlich aus über 180 Individuen bestand. Mit geringerer Populationsdichte auch auf Trockenhängen verschiedener Ausprägung, in Weinbergbrachen, an sonnigen Waldrändern, in Lehm- und Tongruben, auf Industriehalden und Bahndämmen. Nistplatz und Nahrungsquellen bzw. Baustofflieferanten liegen teils 100 m und mehr auseinander.

Nistweise

Solitäre Art. Nistet in vorgefundenen Hohlräumen verschiedener Form und Größe: in Erdlöchern, in Felsspalten, zwischen gelockertem Mauerwerk, in breiten Spalten alter Balken und Pfosten, in Hohlräumen von Löß- und Lehmwänden, in Löchern poröser Schlacken, in verlassenen Nestern von Pelzbienen (Anthophora plumipes) und Holzbienen (Xylocopa violacea) einmal auch in einem Eisenrohr und in der Glocke einer Klingel. Das Nest ist meist ein Haufenbau, selten auch ein Linienbau aus abgeschabten Pflanzenhaaren.

Anthidium manicatum Pflanzenhaare sammelnd

Ein Weibchen schabt in meinem Garten mit seinen Oberkiefern die Haare vom Blütenstand einer Strohblume (Helichrysum thianshanicum).

Anthidium manicatum Pflanzenhaare sammelnd

Das Baumaterial wird mit den Beinen festgehalten und im Flug wie ein kleiner Wattebausch zum Nistplatz transportiert.

Lieferanten von Baumaterial sind verschiedene stark behaarte Pflanzen:

  • Sand-Strohblume (Helichrysum spec.)
  • Deutscher Ziest (Stachys germanica)
  • Woll-Ziest (Stachys byzantina)
  • Kronen-Lichtnelke (Lychnis coronaria)
  • Flockenblumen (Centaurea spec.)
  • Weißfilziges Greiskraut (Senecio bicolor)
  • Quitten (Cydonia)
  • Flugsamen von Pappeln (Populus)
Anthidium manicatum Nest

Das linke Foto zeigt ein fertiges Nest in einem Vierkant-Eisenrohr. Der Zugang befand sich auf der entgegengesetzten Seite. Die hier sichtbare Seite war mit einem Kappe abgedeckt.

Anthidium manicatum Brutzellen

Auf dem rechten Bild sind zwei vorsichtig freigelegte Brutzellen zu sehen, in denen auf einem zähflüssigen Futterbrei eine junge Larve (links) und ein Ei (rechts) schwimmen. Die orangefarbenen Tröpfchen sind pflanzliche Drüsensekrete (Näheres zum Sekretsammeln auf dieser Sonderseite).

Unmittelbar vor dem eigentlichen Wollnest aus bis zu 16 Brutzellen werden allerlei Kleinteile angehäuft: Erdbröckchen, Steinchen, Holzstückchen, dürre Blättchen, Halmstücke, Schneckenhäuser. Bisweilen wird das Nest nach außen durch einen weiteren Wollpfropf verschlossen.

Anthidium manicatum mit Holzstückchen

Ein Weibchen sammelt auf dem Boden unterhalb des Nestes Holzstückchen, Erdbröcken, Steinchen und dergleichen, um das Nest in der Höhlung eines morschen Stammes zu verschließen.

Anthidium manicatum mit Holzstückchen

Hier kommt das Weibchen mit einem längeren Holzstückchen angeflogen, um es in die Höhlung vor dem eigentlichen Nest zu bugsieren.

Die detaillierte Beschreibung eines Nestes finden Sie auf einer meiner Feldtagebuch-Seiten.

Blütenbesuch

Eingeschränkt polylektische Art, die zygomorphe (zweiseitig symmetrische) Blüten, besonders Fabaceae und Lamiaceae, aber auch bestimmte Plantaginaceae (früher Scrophulariaceae) als Pollenquellen bevorzugt. Belegt sind:

Fabaceae:

  • Gewöhnlicher Hornklee (Lotus corniculatus)
  • Bunte Kronwicke (Securigera varia)
  • Kriechende Hauhechel (Ononis repens)
  • Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)
  • Luzerne (Medicago sativa)
  • Geißraute (Galega officinalis)

Lamiaceae:

  • Genfer Günstel (Ajuga genevensis)
  • Aufrechter Ziest (Stachys recta)
  • Deutscher Ziest (Stachys germanica)
  • Woll-Ziest (Stachys byzantina)
  • Sumpf-Ziest (Stachys palustris)
  • Gewöhnlicher Heil-Ziest (Betonica officinalis)
  • Schwarznessel (Ballota nigra)
  • Muskateller-Salbei (Salvia sclarea)
  • Trauben-Gamander (Teucrium botrys)
  • Edel-Gamander (Teucrium chamaedrys)
  • Berg-Gamander (Teucrium montanum)
  • Salbei-Gamander (Teucrium scorodonia)
  • Rote Taubnessel (Lamium purpureum)
  • Schmalblättriger Hohlzahn (Galeopsis angustifolia)
  • Kleinblütige Bergminze (Calamintha nepeta)
  • Garten-Katzenminze (Nepeta x fassenii)
  • Zitronen-Melisse (Melissa officinalis)
  • Alpen-Steinquendel (Acinos alpinus)
  • Gewöhnlicher Steinquendel (Acinos arvensis)
  • Herzgespann (Leonurus cardiaca)
  • Knollen-Brandkraut (Phlomis tuberosa)
  • Hohes Helmkraut (Scutellaria altissima)

Plantaginaceae:

  • Roter Fingerhut (Digitalis purpurea)
  • Wolliger Fingerhut (Digitalis lanata)
  • Großblütiger Fingerhut (Digitalis grandiflora)
  • Ginster-Leinkraut (Linaria genistifolia)
  • Purpur-Leinkraut (Linaria purpurea)
  • Gestreiftes Leinkraut (Linaria repens)
  • Gewöhnliches Leinkraut (Linaria vulgaris)
  • Acker-Löwenmaul (Misopates orontium)
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Ein Weibchen bei der Pollenernte am Wolligen Fingerhut (Digitalis lanata).[Großansicht]

Die Blütenstetigkeit der Weibchen variiert. Zahlreiche von mir untersuchte Pollenladungen enthielten ausschließlich Pollen einer Pflanzenart aus einer der 3 Familien. Andere waren Mischladungen von 2 Arten aus 1–2 Pflanzenfamilien, meist Fabaceen und Lamiaceen. –
Die Männchen zeigen ein charakteristisches interspezifisches Territorialverhalten. Als Territorium dienen die Nektar- und/oder Pollenquellen der Weibchen, die gegen »Eindringlinge«, das sind andere Blütenbesucher, verteidigt werden.

Kuckucksbienen

Regelmäßig ist an den Nistplätzen und in deren Umgebung die Düsterbienen-Art Stelis punctulatissima zu beobachten. Ich habe diese Art mehrfach aus Anthidium-Brutzellen gezogen.

Phänologie

In Mitteleuropa partiell bivoltin (zwei Generationen). Die ersten Tiere erscheinen meist im Juni, in einem außergewöhnlich warmen Frühjahr (wie 2007) bereits im Mai. Vor allem in heißen Sommern schlüpfen aus den Frühsommer-Nestern nach einigen Wochen einzelne Tiere einer 2. Generation (Beobachtung beider Geschlechter mit Paarung noch am 7. Oktober). Ihr Verhalten macht die erfolgreiche Erzeugung einer weiteren Brut wahrscheinlich. Überwinterung als Ruhelarve im Kokon.

Gefährdung und Schutz

Die Art ist nach wie vor häufig und ungefährdet und besonders in Dörfern und Städten regelmäßig zu beobachten, wo sie vor allem durch die Kultur von Woll-Ziest (Stachys byzantina), Deutschem Ziest (Stachys germanica) und anderen Lippen- sowie Schmetterlingsblütlern gefördert werden kann.

Ein Männchen trinkt Nektar an einer Blüte des Heilziests (Betonica officinalis).

Ein Männchen im Anflug an eine Blüte des Aufrechten Ziests (Stachys recta).

Hier sind am Hinterleibsende des Männchen die drei charakterischen zahnartigen Fortsätze zu sehen.

Paarung der Garten-Wollbiene an einem Ziest-Blütenstand. Die Männchen patrouillieren die Blütenstände und überfallen die Weibchen, sobald diese die Blüten besuchen.

Hier trinkt ein Weibchen ausnahmeweise an einem Korbblütler und zwar an Zwerg-Alant (Inula ensifolia).

Bei heißem Wetter setzen sich die Weibchen gern auf die menschliche Haut (hier auf meinen Arm), um mit dem Schweiß die darin enthaltenen Salze aufzunehmen. Auch bei anderen Wildbienenarten (Megachile, Halictus, Lasioglossum) kann man dieses Verhalten immer wieder beobachten. Weiteres zu diesem Verhalten der Wollbiene auf dieser Seite des Feldtagebuchs.

Ein Weibchen sammelt Pollen an Kriechender Hauhechel (Ononis repens).