Unter dem Begriff "Nomenklatur" versteht man die wissenschaftliche Benennung von Organismen. Verwendet werden weltweit latinisierte (an das Lateinische bzw. die lateinische Grammatik angeglichene) Namen. Dies dient der Erleichterung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit. In der Zoologie richten sich die Autoren nach dem »International Code of Zoological Nomenclature«, zuletzt revidiert 1999 und 2012.
Nach der sogenannten binären Nomenklatur, die 1753 von dem schwedischen Naturforscher Carl von Linné eingeführt wurde, besteht jeder wissenschaftliche Artname aus zwei Namen. Der erste ist der Gattungsname, der zweite der Artname (Art-Epitheton). Der Gattungsname wird stets mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben, für den Artnamen gilt stets die Kleinschreibung. Diesen beiden ist der Name des Autors beigefügt, der die Art benannt hat und das Jahr, in dem die Art beschrieben und der Name veröffentlicht wurde.
Beispiel: Andrena lagopus Latreille 1809.
Der erste Name (Andrena) bezeichnet die Gattung, der zweite (lagopus) die Art. Latreille ist der (französische) Autor, der die Art 1809 beschrieben hat.
Andrena lagopus Latreille 1809, Männchen
Andrena lagopus Latreille 1809, Weibchen
Beispiel: Andrena cineraria (Linnaeus 1758).
Hier steht der Name des Autors in Klammern. Dies bedeutet, daß die Art ursprünglich unter einem anderen Gattungsnamen als dem hier aufgeführten beschrieben und später neu zugeordnet (neu kombiniert) wurde. Die Art wurde ursprünglich als Apis cineraria von Linnaeus beschrieben. [Da Linné seine Schriften unter dem latinisierten Namen Linnaeus veröffentlicht hat, wird bei den von ihm beschrieben Arten Linnaeus und nicht Linné als Autor genannt.]
Andrena cineraria (Linnaeus 1759), Weibchen.
Der Autorname ist dann wichtig, wenn Artnamen gleichlautend sind, de facto aber verschiedene Arten darstellen. Vor allem in der Vergangenheit, wo die Beschreibungen anderer Zoologen weniger gut zugänglich waren als heute, kam es immer wieder vor, daß Autoren für verschiedene Taxa den gleichen Namen verwendet haben. Wurden diese unter dem gleichen Gattungsnamen beschrieben, handelt es sich um sogenannte »primäre Homonyme«. Das jüngere Homonym ist für immer zu verwerfen. Sekundäre Homonyme entstehen dann, wenn ein Taxon neu kombiniert, also einer anderen Gattung zugeordnet wird, in der es bereits ein Taxon mit gleichen Namen gibt. In diesem Fall muß das jüngere der beiden Synonyme durch einen anderen gültigen Namen ersetzt werden; wenn kein anderer Name zur Verfügung steht, ist ein neuer Name zu vergeben.
Der Name des Autors und die Jahreszahl sind nicht verpflichtend zu nennen und können daher weggelassen werden. Auch auf dieser Website verwende ich meist nur Gattungs- und Artname; die entsprechenden Autoren finden sich im Verzeichnis der Bienen Deutschlands. International festgelegt sind bestimmte Endungen für die höheren Taxa, z. B. für Überfamilien -oidea (Apoidea), für Familien -idae (Apidae), für Unterfamilien -inae (Apinae).
Bei Arten, die von bestimmten Autoren in mehrere Unterarten aufgeteilt werden, wird die typische Form bzw. Unterart als Nominatform oder Nominat-Unterart bezeichnet. Zur Kennzeichnung der Nominat-Unterart wird einfach der Artname als dritter Name angehängt, z. B. Halictus confusus confusus Smith. In gleicher Weise wird auch mit anderen Unterarten verfahren, z. B. Halictus confusus alpinus Alfken und Halictus confusus perkinsi Blüthgen. Im Vergleich mit der Nominatform fällt auf, daß bei diesen Unterarten ein anderer Autor beigefügt ist als bei der Nominatform. Unterartnamen unterliegen wie Artnamen den Internationalen Regeln der Zoologischen Nomenklatur und haben ihren eigenen Autor. Wird ein Taxon mit dem vollständigen Unterartnamen aufgeführt, so wird stets der Autor der Unterart genannt und nicht der Autor der Nominatform.
Jede Bienenart hat nur einen einzigen gültigen wissenschaftlichen Namen. Viele Arten sind aber mehrfach beschrieben worden. Daher waren im Verlauf der Zeit oder in verschiedenen Ländern mehrere Namen (Synonyme) in Gebrauch, von denen heute nur noch jeweils einer gebraucht werden sollte. Welcher Name nun unter mehreren vorhandenen beibehalten und einheitlich angewendet werden muß, also Gültigkeit hat, wird durch die Internationalen Nomenklaturregeln festgelegt. Allerdings werden diese von einzelnen Autoren gelegentlich unterschiedlich ausgelegt, was dann zur gleichzeitigen unterschiedlichen Benennung und wiederum zur Verwirrung bei Nichtspezialisten führt. Dabei ist es das Ziel der Nomenklaturregeln, die Internationalität und Stabilität der Namen zu fördern. Synonyme sind meist rein nomenklatorischer Natur. Oft können sie aber auch durch unterschiedliche Ansichten der Zoologen über die Zugehörigkeit zu einer Gattung bedingt sein. So heißt eine gut bekannte Pelzbienen-Art, ursprünglich als Apis quadrifasciata beschrieben, bei Schwarz et al. (1996) Amegilla quadrifasciata, bei Westrich & Dathe (1997) aber Anthophora quadrifasciata, da letztere bei den Pelzbienen nicht zwei Gattungen unterscheiden, sondern alle bei Schwarz unter Amegilla aufgeführten Taxa zu Anthophora stellen.
Dies kann bisweilen zur Verwirrung führen. In dem Katalog der Bienen Österreichs, Deutschlands und der Schweiz von M. Schwarz, F. Gusenleiter, P. Westrich und H. H. Dathe, erschienen 1996 als Supplement 8 der Zeitschrift »Entomofauna«, sind die meisten Synonyme aufgeführt. Einige in der jüngeren Zeit bekannt gewordene Synonyme heimischer Arten sind auf einer eigenen Seite aufgelistet.
Im Falle der Wildbienen gibt es, sieht man einmal von dem Sammelbegriff »Hummeln« für die meisten Vertreter der Gattung Bombus ab, keine Trivialnamen; diese wären in anderssprachigen Gebieten ohnehin unbekannt. Deutsche Namen sind fast immer Kunstnamen. Lediglich für die Gattungen gibt es seit über hundert Jahren deutsche Benennungen, die sich mehr oder weniger eingebürgert haben, z. B. Seidenbienen für die Gattung Colletes, Sandbienen für die Gattung Andrena und Pelzbienen für die Gattung Anthophora im weiteren Sinne. Alle deutschen Namen für die Gattungen Mitteleuropas finden Sie unter dem System. Nicht immer trifft der deutsche Name aber die biologische Eigenart aller Gattungsvertreter. So verwenden keineswegs alle zur Gattung Anthidium = Wollbienen gehörenden Arten Pflanzenhaare als Baumaterial, sondern auch Harz oder Harz und Pflanzenhaare oder Harz und Erde im Kombination, weswegen ich für diese Bienengattung den Namen Woll- und Harzbienen bevorzuge. Seit längerer Zeit existieren lediglich für einige Hummeln deutsche Bezeichnungen, z. B. Ackerhummel für Bombus pascuorum oder Steinhummel für Bombus lapidarius. Für weitere Arten hat Hagen (1986) teils brauchbare, teils meines Erachtens wenig glückliche Kunstnamen geschaffen, die in solchen Fällen dann meist auf den wissenschaftlichen Artnamen zurückgehen, z. B. Fragranshummel für Bombus fragrans. Bereits in früheren Jahrhunderten hat es Versuche gegeben, Wildbienen-Arten mit deutschen Namen zu belegen. So hat bereits Christ (1791) in seiner Naturgeschichte der Insekten den Bienenbeschreibungen deutsche Namen beigefügt, z. B. nannte er Dasypoda suripes Wadenfuß, Colletes cunicularius Gräber oder Andrena carbonaria Köhler. Doch haben sich solche Namen nie durchgesetzt.
Zwei Abbildungen von Bienen aus der Naturgeschichte der Insekten von J. L. Christ. Dieser Art hat der Verfasser den Namen »Wadenfuß« gegeben.
Das linke Bild stellt das Weibchen dar, das rechte Bild das Männchen.
Ich habe bereits 1985 bei der ersten, zusammen mit K. Schmidt bearbeiteten Fassung der Roten Liste der Stechimmen Baden-Württembergs eigene deutsche Artnamen für Wildbienen verwendet. Sie sind auch in meinem aktuellen Buch »Wildbienen - Die anderen Bienen« zu finden, z.B. Garten-Wollbiene für Anthidium manicatum oder Blauschillernde Sandbiene für Andrena agilissima. Einige von ihnen wurden allgemein übernommen, doch tauchen auch immer wieder neue Namen auf, so daß hier keine Einheitlichkeit besteht.
Will man sich mit Wildbienen eingehender befassen, wird man nicht umhin können, sich auch wissenschaftliche Namen einzuprägen, wie dies ja auch für jeden gilt, der sich mit Käfern oder Pflanzen ernsthaft befassen möchte. Selbst Kinder haben keine Probleme, sich die Namen vieler Dinosaurier zu merken und diese auch richtig zu benützen.
In meinem Werk »Die Wildbienen Deutschlands« habe ich u.a. auf S. 408 auch diese Problematik behandelt Ein lesenwerter Beitrag zur Problematik deutscher Namen von Tieren und Pflanzen ist auch in Eucera 14 enthalten.